Unbeirrbar in den Chefsessel

Der Senat ernennt trotz CDU-Kritik einen Nachfolger für Finanzstaatssekretär Frank Bielka. Der wird bei der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo bereits zum 1. Oktober erwartet

von STEFAN ALBERTI

Da können einzelne Genossen noch so murren, da kann der Volkszorn kochen über den Staatssekretär, der als Aufsichtsratschef selbst seine künftigen Bezüge erhöht hat: Am Monatsende scheidet der Neuköllner SPD-Chef Frank Bielka als Spitzenkraft von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) aus. Einen Tag später wird er im Chefsessel der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo sitzen. Der Senat räumte gestern nun das letzte Hindernis aus dem Weg – und ernannte einen Nachfolger für Bielka.

Der heißt Hubert Schulte, und es ist gut möglich, dass er und Sarrazin sich in gemeinsamer Bonner Zeit vor über zwei Jahrzehnten in Ministerium und SPD über den Weg liefen. 16 Jahre, bis zur SPD-Wahlschlappe 2001, war der heute 52-Jährige danach Finanzexperte in Hamburg, zuletzt als Chef der Senatskanzlei.

Die Finanzverwaltung weist aber den Verdacht eines Old-Boys-Network zurück: Sarrazin habe sich umgehört „und war dann davon überzeugt, dass er der richtige Mann ist“, sagt Sprecher Matthias Kolbeck. Schulte sei fähig, sich schnell in die laufenden Haushaltsberatungen einzuarbeiten. Angeblich wollte der Senat ursprünglich, dass Bielka erst wechselt, wenn der Etat im Dezember im Parlament durch ist.

Die CDU als größte Oppositionsfraktion hatte den Senat aufgefordert, vorerst keinen neuen Staatssekretär zu ernennen. Erst müsse die „Affäre Bielka“ geklärt sein. Der Regierende Bürgermeister solle „die bestehenden Ungereimtheiten“ beim geplanten Wechsel Bielkas aufklären. CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer meint, dass „Gründe der politischen Hygiene“ es geböten, bis dahin auf eine Neuernennung zu verzichten.

Zimmers FDP-Kollege Martin Lindner wiederholte seine Forderung nach einem Gesetz, das es höheren Senatsfunktionsträgern verbietet, vor Ablauf von fünf Jahren Karenzzeit zu einer Landesfirma zu wechseln. Die SPD lehnt diesen Vorschlag als „Effekthascherei“ ab. Bielka selbst schweigt in der Sache weiter. Er habe angesichts – aus seiner Sicht – unsachgemäßer Berichterstattung keine Lust, sich zu äußern, gab Sprecher Kolbeck weiter. Von Senator Sarrazin gibt es keine einzige negative Äußerung über seinen scheidenden Staatssekretär.

Anders hingegen Genossen einer SPD-Abteilung aus Tempelhof-Schöneberg, die Bielka öffentlich „parteischädigendes Verhalten“ und „schamlose Absicht der Selbstbereicherung“ vorwerfen. Sie haben den SPD-Landesvorstand aufgefordert, deshalb gegen Bielka ein Ausschlussverfahren zu eröffnen.

Doch die SPD-Spitze erklärt sich für unzuständig. „So wie das jetzt vorliegt, ist das kein ordentlicher Antrag“, sagte ihr Sprecher Hannes Hönemann. Deshalb sei der Antrag auch nicht bei der jüngsten Landesvorstandssitzung besprochen worden. Zuständig sei der Kreisverband. Pikant: Dessen Vorsitzender ist Michael Müller, der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus. Er aber war gestern, wie schon am Montag, nicht zu erreichen.