Die Demozüge werden länger

Der Protest auf der Straße gegen die Hartz-IV-Reformen im Ruhrgebiet wächst auf niedrigem Niveau. In Dortmund demonstrieren 1.500 Menschen, auch in Bochum findet erstmals eine Kundgebung statt

VON KLAUS JANSEN

Die Demonstrationen gegen die Hartz-IV-Reformen der Bundesregierung gewinnen auch im Ruhrgebiet an Zulauf. In Dortmund gingen 1.500 Menschen auf die Straße, in Gelsenkirchen, Bochum und Düsseldorf waren es jeweils 500. In Mülheim an der Ruhr kamen jedoch nur 40, in Solingen lediglich 20 Demonstranten zusammen. Insgesamt nahmen in Nordrhein-Westfalen rund 4.500 Menschen in 23 Städten an den Protestzügen teil.

In Bochum hatten Einzelpersonen, die Soziale Liste und die Attac-Hochschulgruppe zu den Protesten aufgerufen. An der für alle Teilnehmer offenen Rederunde auf dem Husemannplatz forderten die Demonstranten die Rücknahme der Reform: „Hartz IV ist eine Umverteilung zum Wohle der Großindustrie“, sagte Christoph Schweitzer, Bochumer Mitglied der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD). Und: „Wolfgang Clement – der kommt ausgerechnet aus Bochum – zieht den kleinen Leuten das Geld aus der Tasche.“ Opel-Arbeiter bezeichneten die Kürzungen bei den Arbeitslosen als Druckmittel auf die Arbeiter: „Billiglöhne schaffen keine Arbeit, sondern sind Erpressung.“

Unter den Demonstranten befanden sich auch Vertreter der Grünen Jugend, der IG Metall und türkische Kommunisten. Auf Plakaten forderten die Protestierenden unter anderem eine höhere Besteuerung für Großverdiener sowie die Einführung der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Der ebenfalls anwesende Landesvorsitzende der NPD, Claus Cremer, wurde von den Demonstranten ausgebuht.

In Dortmund marschierten 1.500 Hartz-Gegner von der Innenstadt zur Arbeitsagentur. Veranstalter Martin Pausch zeigte sich zufrieden mit der Teilnehmerzahl, auch wenn er mit 2.000 Aktivisten gerechnet hatte: „Der Westen wacht langsam auf. Der Protest ist nicht mehr aufzuhalten“, sagte er. Der IG-Metaller Gerd Pfisterer forderte nicht nur die Rücknahme von Hartz, sondern auch den Rücktritt der Bundesregierung: „Das Hartz-Gesetz muss weg, am Besten gleich das ganze Kabinett.“

Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Bärbel Höhn reagierte mit Verständnis auf die Demonstrationen: „Hartz IV trifft auf jeden Fall die Mittelschicht besonders stark. Jetzt erst wird vielen bewusst, mich könnte Hartz IV ja auch treffen“, sagte sie. Um die Last der Reformen auf mehrere Schultern zu verteilen, regte sie eine Diskussion über eine höhere Vermögens- oder Erbschaftsbesteuerung an.

landtag SEITE 2