: Hamburg tut alles für die längere Landebahn
Hamburger Senat sucht Möglichkeiten, Airbus-Werk trotz gegenteiligen Gerichtsentscheids weiter auszubauen. Oberverwaltungsgericht hat Enteignungen von Grundbesitzern und Verlängerung der Piste vorläufig verboten
HAMBURG taz ■ Der CDU-Senat Hamburgs sucht nach Wegen, das Airbus-Werk Finkenwerder weiter auszubauen, obwohl das Oberverwaltungsgericht (OVG) Enteignungen zu diesem Zweck vorläufig untersagt hat. Mit der Fabrik, in der der Riesenairbus A 380 ausgestattet und ausgeliefert werden soll, verbindet sich der Wunsch, die Luftfahrtindustrie möge die Rolle übernehmen, die vor hundert Jahren die Werften gespielt haben. „Ohne die Expansionsmöglichkeit könnte der Standort Hamburg an künftigen Entwicklungen in der Flugzeugindustrie nicht teilnehmen und würde im Wettbewerb zurückfallen“, warnte Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU).
Um den A 380 zum Teil an der Elbe produzieren zu können, ließ der Senat in einem Süßwasserwatt von internationalem Rang, dem Mühlenberger Loch, eine künstliche Halbinsel anlegen. Der Planfeststellungsbeschluss hierzu vom 8. Mai 2000 wurde vom Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt. Das wiederum sah das OVG vergangene Woche anders: Der Planbeschluss an sich sei rechtmäßig, aber die Enteignungen seien es nicht. Inzwischen ragen die ersten, mehr als 40 Meter hohen Lackier- und Montagehallen aus der flachen Elbmarsch und wird die Werkspiste verlängert.
Anfang 2003 bat Airbus den Senat um eine abermalige Verlängerung der Piste um 589 Meter – hinein in das weit auseinander gezogene Obstbauerndorf Neuenfelde. 35 Eigentümer und Pächter von Grundstücken und Häusern, die für diese abermalige Verlängerung enteignet werden sollten, setzten sich zur Wehr. Das OVG gab 10 von ihnen jetzt im Eilverfahren vorläufig Recht. Die 25 Eigentümer eines eigens erworbenen Sperrgundstücks nahm es jedoch aus.
Airbus hatte den Wunsch nach einer abermaligen Pistenverlängerung damit begründet, dass die Frachtversion des A 380 aufgrund ihres höheren Gewichts mehr Platz zum Starten und Landen benötige als die Passagierversion. Eine Enteignung, so das Gericht, sei „nur zum Wohl der Allgmeinheit und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zulässig“. Wenn nur 2 der bisher 17 bestellten A 380-Frachter in Hamburg ausgeliefert werden sollten, reiche das zur Rechtfertigung nicht aus, zumal der Bau der Passagierversion nicht beeinträchtigt werde.
Das Enteignungsgesetz, das die Bürgerschaft für den Werksflugplatz beschlossen hatte, dessen mittelbare Gemeinnützigkeit sie feststellte, reiche im konkreten Fall nicht aus, ebenso wenig Befürchtungen, Finkenwerder könnte zu einem Standort zweiter Klasse werden. Überdies habe die Planfeststellungsbehörde versäumt, eine erneute Ausnahmegenehmigung für einen besonders steilen Landewinkel zu beantragen. Die abermalige Pistenverlängerung könnte dann um die Hälfte kürzer ausfallen.
Der Senat will jetzt „im Rahmen des OVG-Beschlusses“ eine Möglichkeit suchen, die Piste doch noch ein weiteres Mal zu verlängern. Schließlich gehe es um die Zukunft einer Branche, die seit 2001 „das größte industrielle Segment“ Hamburgs darstelle und 30.000 Arbeitsplätze biete. GERNOT KNÖDLER
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