: Motivierendes Urteil
Mildes Urteil nach Überfall auf Griechen freut Neonazis. Gericht befand rechte Gesinnung für unwichtig
Hagenow taz ■ „Heil Hilter“ grölten die Täter als sie auf ihre Opfer einschlugen. In der Nacht des 3. September 2001 griffen Michel Kubitza und die Brüder Monty und Enrico Kaßner die Besitzer der griechischen Gaststätte „Akropolis“ in Boizenburg an. Nun verurteilte das Amtsgericht Hagenow die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen von anderthalb und knapp dreieinhalb Jahren. Die „rechtsradikalen Motive“ hingegen, betont der Vorsitzende Richter Siegmar Hackbarth, hätten sich nicht bestätigt. Denn die Männer seien keiner „fest organisierten Szene“ zuzuordnen.
Auf die Zugehörigkeit zur örtlichen rechten Szene hatte aber Staatsanwalt Thorsten Kopf immer wieder hingewiesen. Polizeiaussagen bestätigten, dass die einschlägig vorbestraften Täter zur Szene gehören, Rechtsrock lieben und einer von ihnen mit Hakenkreuzfahne durch die Stadt lief. Die rechte Gesinnung befand das Gericht nicht als „tatmotivierend“ und blieb unter dem geforderten Strafmaß der Staatsanwaltschaft. In der Tatnacht hatten die zwei Brüder zunächst auf das Gastwirtsehepaar Kalkionikidis und ihren Sohn eingeschlagen, weil den schon schwer Betrunkenen kein Bier mehr ausgeschenkt wurde. Dennoch gelang es Joannis Kalionikidis, die beiden aus der Gastwirtschaft zu werfen. Unter Gegröle kamen die beiden Brüder mit Kameraden wieder und griffen erneut an. Die Wucht einer Holzplatte zertrümmerte dem Wirt das Nasen- und Jochbein. Vater Kalionikidis verlor fast gänzlich den Geruchs- und Geschmackssinn, seine Frau leidet an den psychischen Folgen.
Die Täter hätten auch „wir kriegen euch hier noch raus“ gerufen, berichtet der Nebenkläger und erklärt verbittert: „Das haben sie auch geschafft.“ Im März dieses Jahres ist die Familie nach Griechenland gezogen.
Das freut die Neonazis. Auf einer Website berichten die „Freien Nationalisten“ über die „Wirtshausschlägerei“ und den Wegzug der griechischen Familie, „da die Wirtsleute sich nicht an diesem Fall finanziell gesundstoßen“ konnten. Andreas Speit