: Ruf nach kostenloser Kita
Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft kritisiert Gebührenerhöhung und fordert ein Sofortprogramm. Vorschulische Bildung müsse kostenlos sein. Eltern protestieren gegen Sparpolitik
von SUSANNE LANG
Wenn aller Protest gegen die beschlossene Erhöhung der Kita-Gebühren nichts hilft, müssen eben neue Strategien her. Für den Landeselternausschuss der Berliner Kitas (Leak) heißt die neue Taktik: einwickeln. Und zwar den kompletten Senat respektive das Rote Rathaus. Und dies mit nichts Geringerem als einer Guinessbuch verdächtigen Rekordwindel, die am Samstag zusammengetackert werden soll. Darauf zu lesen soll all das sein, was den Eltern „stinkt“.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) setzt dagegen auf das bewährte Motto: sich einbringen. Und zwar in die Bildungspolitik, und dies mit der Forderung nach einem Sofortprogramm für die Berliner Kindertagesstätten: Nicht die Erhöhung der Gebühren soll der Senat zurücknehmen, Gebühren für Kitas, Krippen und Horte sollen grundsätzlich abgeschafft werden. Ulrich Thöne, Vorsitzender der GEW-Berlin setzt auf einen Stufenplan, der nach und nach einen kostenlosen Besuch der Einrichtung ermöglichen soll.
Als ersten Schritt forderte Thöne gestern, die Vorschule von den Gebühren zu befreien. Die Maßnahmen des Senats wie Kürzungen bei Personal oder Erhöhung der Gebühren seien nicht geeignet, „um die Qualität der frühkindlichen Bildung und Erziehung zu erhalten, geschweige denn zu verbessern“, betonte Thöne. Angesichts des schlechten Abschneidens Deutschlands bei der Pisa-Studie sei dies jedoch dringend erfoderlich. Um Chancengleichheit für alle Kinder zu erreichen, müsse die vorschulische Förderung ausgebaut werden.
Wie und wer diesen Ausbau finanzieren soll, ließ der GEW-Vorsitzende dagegen freizügig offen. „Umschichtungen im Bildungsetat“ hieß seine Anregung. Die vom Senat erhoffte Einsparsumme von rund 12 Millionen durch die Mehreinnahmen bei den Kitagebühren bewertete Thöne als vergleichweise geringen Beitrag, um das Verfassungsgericht bei der Klage Berlins auf Bundeshilfen vom Konsolidierungswillen des Landes zu überzeugen. Nach Ansicht der GEW lässt diese Senatspolitik die richtigen Schwerpunkte vermissen.
Im Bereich der Bildungspolitik fehle ein „schlüssiges Gesamtkonzept“, wie Klaus Schroeder, Leiter des GEW-Referats Jugendhilfe und Sozialarbeit, kritisierte. „Der Senat macht eine Baustelle nach der anderen auf und hinterlässt nur Ruinen“, sagte Schroeder. Als Sanierungsmaßnahmen forderte Schroeder für den Bereich der Kindertagesstätten zum einen, die „restriktiven Anmeldepraxis“ aufzugeben. Seit Beginn dieses Kitajahres gelten striktere Kriterien für das Recht von Eltern auf einen Kitaplatz.
Um die Qualität der Betreuung sicherzustellen, forderte Schroeder, die Gruppengröße zu verkleinern und zusätzlich 800 ErzieherInnen einzustellen. Sie sollen den Mehrbedarf kompensieren, der durch die verkürzten Arbeitszeiten infolge des Tarifabschlusses entstanden sei. „Andernfalls kommt es zu kürzeren Öffnungszeiten“, warnte Schroeder. Dies wollen vor allem die Eltern verhindern.
Mit der Rekordwindel soll nicht nur auf den „Frust der Eltern über die Rotstiftpolitik“ aufmerksam gemacht werden, wie der Vorsitzende des Leak, Klaus-Dieter Hinkelmann, betonte. Die Aktion sei auch Ausdruck der Verunsicherung berufstätiger Eltern, die nicht mehr sichergehen könnten, dass ihre Kinder betreut würden.