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Archiv-Artikel

Elphi wird reich beschenkt

Der Hamburger Senat genehmigt weitere 209 Millionen für die Elbphilharmonie. Dabei hat die Kulturbehörde immer noch keine Begründung für die 300-prozentige Kostensteigerung geliefert

Die Opposition vermutet ungerechtfertigt hohe Nachforderungen des Generalunternehmers

VON PETRA SCHELLEN

Jetzt ist es also raus, und alle können erleichtert sein: Staatsrat Reinhard Stuth ist schuld. Jener am Dienstag geschasste zweite Mann in der Hamburger Kulturbehörde, der der Opposition im Dezember leichtfertig die Einsicht in alle Elbphilharmonie-Akten versprach, damit sie die rund 300-prozentige Kostensteigerung begreifen könnte.

Die Genese dieser Kostenexplosion auf inzwischen 323 Millionen Euro wäre für die Haushaltsberatungen am Mittwoch durchaus hilfreich gewesen, mussten die Abgeordneten doch Nachzahlungen von 209 Millionen Euro bewilligen. Das haben sie auch brav getan. Aber sie hätten vorher schon gern gewusst, wie die Preiserhöhung zustande kam – und wer dafür verantwortlich zeichnet: Generalunternehmer Hochtief, das exklusive Schweizer Architektenbüro Herzog & de Meuron oder die Hamburger Realisierungsgesellschaft Rege, deren Chef vorigen Herbst durch einen Ex-Untergebenen ersetzt wurde.

Doch Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) wollte nicht so, wie ihr Staatsrat, dem überdies Führungsschwäche vorgeworfen wird: Lediglich Vertragsakten, nicht aber den brisanten Schriftverkehr zwischen den Elbphilharmonie-Akteuren hat sie vorgelegt. Zu mehr ist sie nicht verpflichtet, und für die Entscheidungen über den Haushalt genügt – juristisch gesehen – die Senatsdrucksache vom Dezember, die die aktuellen Kosten der Elbphilharmonie ausweist.

Die übrigen Unterlagen will die Behörde Ende April offen legen – wenn die Entscheidung bereits gefallen ist. „Es dauert sehr lange, alle Papiere zusammenzuholen“, sagt eine Behördensprecherin. Doch die Opposition ist befremdet, vermutet, dass Hochtief ungerechtfertigte Forderungen gestellt und die Rege alles abgenickt hat. „Es muss sich doch feststellen lassen, wie die Nachforderungen von Hochtief entstanden“, sagt Christel Oldenburg, kulturpolitische Sprecherin der Hamburger SPD. „Wir hätten gern gewusst, ob die Begründungen für die Kostensteigerungen plausibel sind. Denn wir lehnen ja das Projekt Elbphilharmonie nicht grundsätzlich ab.“

Was sie stattdessen zu sehen bekam, war der Vertrag zwischen Stadt, Generalunternehmer und Architekten sowie dessen Nachträge. Die weisen – kommentarlos – jeweils gestiegene Kosten für das Konzerthaus aus. „Und wenn man die Beteiligten fragte, gab es sehr verschiedene Antworten“, sagt Oldenburg. Dabei müsse es doch einen politisch Verantwortlichen geben. Und vielleicht fänden sich sogar Unterlagen, die belegten, dass der hohe Preis von Anfang an bekannt war, aber zwecks politischer Durchsetzbarkeit verheimlicht wurde.

Derlei sei abwegig, findet Eva Gümbel, kulturpolitische Sprecherin der in Hamburg mitregierenden GAL. Zwar habe auch sie ein „grundsätzlich mulmiges Gefühl angesichts der Kostenexplosion“, und es sei schwer, Vertrauen in diesen komplexen Vorgang zu entwickeln. Die vorgelegten Vertragsakten habe sie aber „recht plausibel“ gefunden.

Soweit ein juristisch nicht versierter Laie das beurteilen kann, möchte man sagen. Der Anteil der ausgewiesenen Juristen unter den Hamburger Abgeordneten liegt bei rund fünf Prozent. Alle anderen können demnach nicht erkennen, ob der Preis für den Bau angemessen ist. Genehmigt haben sie ihn trotzdem. „So funktioniert Demokratie“, sagt Gümbel lakonisch. „Laien entscheiden über Dinge, die sie nicht beurteilen können.“

Das mag sich auch der geschasste Staatsrat Stuth hinter die Ohren schreiben. Dass er ein Bauernopfer ist, mag zwar niemand bestätigen. Den Willen des Senats zur Transparenz hat er aber offenbar überschätzt.