: Eine Sonnenfabrik für das Windland
In Mecklenburg-Vorpommern baut die Berliner Firma Solon eine Solarfabrik mit 100 Jobs – und weitere sollen folgen
HAMBURG taz ■ Leider ist Mecklenburg-Vorpommern kein Weinland. Wo die Reben gedeihen, sagt Thomas Krupke vom Berliner Fotovoltaikhersteller Solon, „siedeln sich Solarfirmen an“. Die große Mehrheit produziert in Süddeutschland. Aber Mecklenburg-Vorpommern, lobt der Vorstand, „hat ja Otto Ebnet“.
Als Solon einen Fertigungsort suchte, war der Schweriner Wirtschaftsminister sofort Feuer und Flamme. So eröffnet im Herbst in Greifswald eine Fabrik für Solarmodule und wird mit 100 Jobs auf Anhieb zweitgrößter industrieller Arbeitgeber vor Ort. „Dabei haben wir das Werk erst im März beantragt“, sagt Krupke.
Das Tempo passt zur Branche. Schon bald, sagt Alternativ-Nobelpreisträger Hermann Scheer, erreicht die solare Kapazität hierzulande die eines AKWs. Kürzlich haben die Fotovoltaikverbände alle Prognosen nach oben korrigiert: 2004 werden bundesweit Anlagen mit 300 Megawatt Leistung installiert – 100 Prozent mehr als im Vorjahr.
Thomas Krupke kündigt bereits an, den Standort Greifswald zu erweitern. Mehr Jobs, mehr Industrie, mehr Infrastruktur – Labsal für die darbende Region und den Solarstandort Mecklenburg-Vorpommern. Im dünn besiedelten Küstenland stammt zwar ein Viertel des verbrauchten Stroms aus sauberen Quellen – das ist bundesweite Spitze und längst die Übererfüllung des rot- grünen Plansolls von 20 Prozent bis 2020. Doch Fotovoltaik und Kollektoren decken kaum 1 Prozent des Energiebedarfs. An der Küste ist Ökostrom eben Windkraft – 1.000 Anlagen rotieren von Lübeck bis Usedom, viele aus heimischer Herstellung. Doch der bislang einzige Solarmodul-Hersteller im Land baut für die Fremde. Mecklenburg-Vorpommern, klagt Thomas Rudolph von der Sonnenstromfabrik Wismar, „ist unser kleinster Abnehmer“. Dem Hamburger Mutterunternehmen Solara schadet das bei 50 Prozent Wachstum nicht. Im Winter soll das Werk mit 85 Jobs noch erweitert werden.
Dafür hat das Land drei Pluspunkte: viel Platz, eine neue Autobahn Richtung neue EU-Länder und moderate Gewerkschaften. „Wir stellen uns bei flexiblen Absprachen auf keinen Fall stur“, sagt Vorpommerns IG-Metall-Chef Jan Bloempott. Nur Tarifverträge müssten Bestand haben. Doch Solon will, was Solara vormacht: Drei-Schichten-Betrieb, auch am Wochenende, und die 40-Stunden-Woche. Vorstand Krupke spricht offen von „Riesenärger mit der IG Metall“.
Konkurrent Rudolph sieht noch einen Standortnachteil: das neue EEG, ausgerechnet. Es garantiere zwar teure Mindestabnahmen, missachte aber regionale Unterschiede. Während der laue Süden höhere Vergütungen für eingespeisten Strom aus Windkraft als der stürmische Norden erhält, sind die Preise für Solarenergie einheitlich. Da die Sonne jedoch in Bayern und Baden-Württemberg mehr scheint, „drängeln sich dort die Hersteller“. JAN FREITAG