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Archiv-Artikel

Reservebank statt Werkbank

Ausbildungspakt – war da was? Von den angeblich neu geschaffenen Lehrstellen ist im Jugendbüro in Ehrenfeld nicht viel zu spüren. Jugendliche haben große Probleme bei der Ausbildungsplatzsuche

Von Silke Freude

Seit zwei Jahren ist Maria Babak auf Lehrstellensuche. „Ich habe schon über 100 Bewerbungen abgeschickt und noch mehr Firmen abtelefoniert“, berichtet die 21-Jährige. Nach ihrem Realschulabschluss im Jahr 2000 hat sie ein Berufsgrundschuljahr in Farbtechnik und Raumgestaltung drangehängt. „Ich wollte Schauwerbegestalterin werden“, erzählt sie. Danach kamen ein Berufsorientierungslehrgang und immer mal wieder Praktika – „immer mit Supernoten“. Fazit: „Die Firmen sagten mir, sie bilden nicht mehr aus – und wenn, wollen sie lieber einen Mann.“

Um doch noch irgendeine Stelle zu finden, hat Maria Babak sogar einen Führerschein gemacht. Erfolg gleich null. Jetzt orientiert sie sich um. Im Zoo als Tierpflegerin zu arbeiten wäre ihr Traum. Doch leider nimmt der Zoo frühestens nächstes Jahr neue Azubis an. Wahrscheinlich muss sich Maria Babak dieses Jahr mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten, die ihr das Ehrenfelder Jugendbüro vermittelt. „Zweimal die Woche komme ich hierhin, setze mich an den Computer und suche nach neuen Stellen“, erzählt sie. Und findet es toll, dort jederzeit einen Ansprechpartner zu haben. „Auf dem Arbeitsamt war ich auch schon, da wird man behandelt wie eine Nummer.“

An die 100 Jugendliche ohne Ausbildung hat Arno Moormann in seiner Kartei stehen, rund 60 davon stehen in mehr oder weniger regelmäßigem Kontakt mit ihm. „Es werden jedes Jahr mehr, von einem Rückgang der Ausbildungsplatzsuchenden merken wir hier nichts.“ Der Sozialpädagoge hat es als Berater beim Ehrenfelder Jugendbüro mit den besonders schweren Fällen zu tun. „Man braucht schon einen langen Atem, um den Kontakt nicht abreißen zu lassen“, erzählt er. „Nicht enttäuscht sein, immer wieder nachtelefonieren.“

Seit 1999 existiert das Jugendbüro. Es soll durch niedrige Hemmschwellen und „aufsuchende Sozialarbeit“ in Jugendzentren die Schulabgänger, die vom Abrutschen bedroht sind, wieder aufs richtige Gleis bringen. „Gegenüber den klassischen Berufsberatern von der Agentur für Arbeit können wir viel zeitnäher Termine machen. Und bei uns muss keiner erst noch ein Formular ausfüllen, wenn er eine Bewerbungshilfe oder den Computer nutzen will.“

Finanziert wird das Jugendbüro zur Hälfte von der Agentur für Arbeit, zur anderen Hälfte vom NRW-Jugendministerium. Doch das Ministerium hat die Finanzierung auf ein Jahr begrenzt, womit das Jugendbüro ab April 2005 auf der Kippe steht.

Die Sozialpädagogen hier verstehen sich nicht als Konkurrenz zum klassischen Berufsberater. Schließlich sind sie im Auftrag der Agentur für Arbeit tätig. Hat ein Schüler schon mit dem Berater von der Agentur gesprochen, bleibt er in dessen Betreuung. Um Dopplungen zu vermeiden, gleichen Büro und Agentur regelmäßig ihre Daten ab. „Es ist schon manchmal frustrierend, einen Jugendlichen nicht weiter beraten zu dürfen, nur weil jemand von der Agentur zufällig schon mal in seiner Schulklasse war“, gibt Moormann zu. „Allzu oft passiert es, dass der Kontakt ganz abbricht, weil sich die Berufsberater einfach nicht intensiv genug um die schwierigen Fälle kümmern können.“

Der Lehrstellenmarkt wird schleichend schlechter, hat Moormann beobachtet. Während die Schulabgänger „bei Einstellungstests reihenweise durchsegeln“, dulden die Arbeitgeber keine Problemfälle mehr. Die Vorstellungen klaffen immer weiter auseinander: Jugendliche neigen zur Selbstüberschätzung, Chefs steigern ihre Ansprüche. „Ein Hauptschüler gilt heute gar nichts mehr“, weiß Moormann. „Die Arbeitgeber glauben, dass jemand, der besser lernen kann, auch disziplinierter ist und nicht so viel Aufwand erfordert.“

Auch Sebastian Klein rechnet dieses Jahr mit keiner Stelle mehr. Der Hauptschulabsolvent will Handelsfachpacker lernen. Ein Praktikum beim Baumarkt Praktiker hat er schon gemacht, doch dort gibt es keine Stelle für ihn. „Das Jugendbüro hilft mir beim Bewerbungen schreiben“, erzählt er. Dass Sebastian wahrscheinlich leer ausgeht, findet Moormann schade. „Ich glaube, dass Sebastian ein zuverlässiger Arbeiter sein würde“, betont er. Und will seinen Schützling in einen berufspraktischen Vorbereitungslehrgang schicken. „Wenn er schon Vorerfahrung hat, wird er vielleicht eher genommen.“