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Archiv-Artikel

Kraftwerk der Gefühle

Gleich zum Auftakt der Berliner Festwochen ein Wiedersehen mit William Forsythe

Von KBM
William Forsythe und Ballett Frankfurt im Haus der Berliner Festspiele, Schaperstraße 24. Freitag, 19., und Samstag, 20. September, 20 Uhr.Am Samstag um 11 Uhr Gespräch mit William Forsythe in der American Academy, Am Sandwerder 17-19

Ballettfans lieben ihn und Clubgänger. Mit einem Abend von William Forsythe starten die diesjährigen Festwochen ihr Programm. Seit Forsythe 1984 die Leitung des Balletts Frankfurts übernahm, hat er das klassische Bewegungsrepertoire zerlegt und zu einer differenzierten ästhetischen Vielheit entwickelt, die immer wieder, auch heute noch, erstaunt.

Der Abend aus drei Choreographien setzt dabei Material aus fast fünfzehn Jahren zusammen: „(N.N.N.N.)“ von 2002 beginnt mit einer Hand, die sich auf eine Schulter legt, herabrutscht und pendelt. Was sich daraus aber in dem Stück für vier Tänzer in knapp zwanzig Minuten entwickelt, erreicht die Komplexität einer ganzen Evolutionsgeschichte. Aus dem Gleiten der Hände, aus Griffen an Schultern, Hüften und Handgelenken, aus Ziehen und Schieben entstehen verschlungene Linien. Man glaubt die Energie von Körper zu Körper fließen zu sehen. Jede Hand, jeder Arm, jedes Glied und jedes Gelenk erhält eine eigene Stimme in diesem bewegten Text über den Körper. „Quintett“ von 1993 dagegen ist ein ungeheures Kraftwerk der Gefühle, leidenschaftlich, heftig, aufregend. Mit „Enemy in the Figure“ von 1989 wird ein Stück aufgenommen, das von großer Nervosität und Virtuosität geprägt ist. Forsythe hält sein Repertoire lebendig, und aus der Wiederaufnahme und Neukombination von Stücken entsteht bei ihm fast immer mehr als eine bloße Aneinanderreihung. Vielmehr wird eine Bewegungsgeschichte und ein Gedächtnis des Körpers sichtbar wie kaum bei einem anderen Choreografen. KBM