: AStA-Tod durch Bankrott
Hessens CDU-Regierung will Studierendenschaften die Geldquellen abgraben. Ihr Etat soll sich nach Wahlbeteiligung bemessen. „Ausrede“, monieren die Studenten
BERLIN taz ■ Den Studierendenschaften in Hessen droht die Liquidation. Nach einem Gesetzentwurf des Kabinetts von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sollen sie drei Viertel ihres Etats einbüßen, sofern die Wahlbeteiligung zur Studentenschaft unter 25 Prozent liegt. „Dann können wir den Laden hier dichtmachen“, konstatiert Studentenvertreter Michael Fraenke vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Frankfurt/Main. Der Senat der Uni nennt den Vorschlag „bizarr“.
Der Frankfurter AStA wertet die Vorlage der Landesregierung vom Juni als schlecht getarnten Versuch, unbequeme Kritiker loszuwerden. Hessens Regierung feilt nicht nur an der Novellierung des Hochschulgesetzes, sondern plant auch die Einführung von Studiengebühren. „Die ASten sind Vorreiter der Proteste“, teilt Fraenkel stolz mit.
Das Wort „Ausrede“ gebraucht auch Thorsten Hofmann vom Ring Christlich Demokratischer Studenten. Die traditionellen Intimfeinde der eher linken ASten stellen sich diesmal „ganz klar“ gegen den Entwurf ihrer CDU-Regierung. Hofmann vermutet, dass die 25-Prozent-Marke nicht unabsichtlich so „utopisch hoch“ angesetzt wurde. Er wisse von einem Bekannten, dass dieser als Referent von Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) die Wahlbeteiligung aller hessischen Universitäten herausfinden musste. Den höchsten Wert verzeichnet Marburg mit 22 Prozent, Frankfurt/Main lag mit 18 Prozent noch im guten Mittelfeld. In anderen Bundesländern sind die Quoten noch niedriger, an der Berliner Humboldt-Universität wählten gar nur 8 Prozent.
Im Hessischen Wissenschaftsministerium gibt man vor, im Interesse der Studierenden zu handeln. „Wir wollten die Studenten wachrütteln“, sagt Sprecher Ernst Wegener. Es könne ja nicht sein, dass ein derart kleiner Teil über die Belange aller Studierenden entscheide.
Die Studierendenschaften sind per Hochschulrahmengesetz beauftragt, sich um kulturelle, fachliche und soziale Belange ihrer Mitglieder zu kümmern. Dazu dürfen sie angemessene Beiträge erheben, heißt es im Hessischen Hochschulgesetz.
In Marburg zahlt jeder Student pro Semester rund 9 Euro in die AStA-Kasse. Diese summieren sich auf 162.000 Euro, die die Studentenschaft in Fachschaften, Sommerfeste und Beratungen investiert. „Vor unserer Sozialberatung bilden sich immer Schlangen, weil die Uni sich darum nicht kümmert“, berichtet der Marburger Student Henrik Piltz. Wenn die Studierendenschaft per Wahlbeteiligung nur noch 40.500 Euro verfüge, müsste sie die Beratungen einstellen. Wer dann einspringe sei unbekannt. Das Wissenschaftsministerium jedenfalls nicht: Wegener sagte, man gehe davon aus, dass die Studierendenschaften ihre Aufgaben wie bisher wahrnähmen. ANNA LEHMANN