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Archiv-Artikel

Naturschützer in Erklärungsnot

Der geplante Ausgleich für Airbus im Mühlenberger Loch bringt Umweltverbände in ein Dilemma: Sie befürworten die Aufwertung der Borghorster Elbwiesen – aber nicht als Ersatzmaßnahme

Ente in Not

Die bisherigen Ausgleichsmaßnahmen für die Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs sind nur von der Krickente gut angenommen worden. Auf den neuen Wattflächen in Hahnöfersand sind rund 4.000 bis 6.000 Krickenten gezählt worden. Dabei hat auch die Population im Mühlenberger Loch zugenommen. Der Bestand der Löffelente ist jedoch in beiden Gebieten zusammen auf weniger als ein Drittel gesunken. KNÖ

VON GERNOT KNÖDLER

Der Senat sucht noch immer nach einer Möglichkeit, die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs auszugleichen. Zu diesem Zweck treibt er die Pläne voran, die Borghorster Elbwiesen für die Tide der Elbe zu öffnen. „Der Start des Planfeststellungsverfahrens ist für 2009 angestrebt“, sagt Michael Ahrens von der Wirtschaftsbehörde. Die Umweltverbände bringt das in eine Zwickmühle: Sie halten eine Aufwertung des Naturschutzgebietes für sinnvoll – allerdings nicht, um damit den im Mühlenberger Loch angerichteten Schaden wieder gut zu machen.

Die Elbbucht wurde in den Jahren 2001 bis 2003 teilweise zugeschüttet, um Land für eine Erweiterung der Airbus-Fabrik in Finkenwerder zu gewinnen. Wo jetzt die Riesen-Airbusse des Typs A 380 produziert werden, seihten früher Löffelenten ihre Nahrung aus dem seichten Wasser. Die Entenart ist inzwischen weitgehend verschwunden und was an wertvollem Süßwasserwatt verloren ging, ist nur zum Teil durch Abbaggern der Insel Hanöfersand ersetzt worden.

Ein weiteres Ersatzvorhaben in der Haseldorfer Marsch scheiterte an einer Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND). Das Gebiet Haseldorfer Binnenelbe sei schon heute ein Naturschutzgebiet von europäischem Rang und nach der Flora-Fauna-Habitat (FFH-) Richtlinie der EU geschützt, argumentierte der BUND. Es sei weder aufwertungsbedürftig noch aufwertungsfähig. Würden Beschädigungen der Natur in bestehenden Schutzgebieten ausgeglichen, nähme die Zahl ökologisch wertvoller Flächen weiter ab. Die Verwaltungsgerichte gaben dem BUND Recht: Das Gebiet weiter aufzuwerten sei nicht notwendig.

Der Fall der Borghorster Elbwiesen ist etwas anders gelagert. 2002 hatten die Umweltverwaltungen Hamburgs und Schleswig-Holsteins vorgeschlagen, das Gebiet an der östlichen Stadtgrenze dem Tideeinfluss zu öffnen. Die Umweltverbände begrüßten das und auch die jetzigen Pläne halten sie grundsätzlich für sinnvoll. Die Elbtalauen wiederherzustellen sei „eine Grundsatzforderung des Naturschutzes“, sagte der Botanische Verein. Wesentlich vorangekommen ist es seit 2002 jedoch nicht.

Nach dem jüngsten Plan der städtischen Realisierungsgesellschaft Rege sollen „66 Hektar Ästuarfläche mit Flachwasserbereichen“ geschaffen werden. Die Rege schlägt vor, hierzu eine 20 Meter breite Lücke in den Leitdamm der Elbe zu reißen so, dass ein abgeschnittener Priel wieder aktiviert wird. Die das Gebiet durchschneidende Straße „Horster Damm“ würde verlegt, so dass bei Hochwasser die Elbe bis an die Borghorster Sandberge heran schwappen könnte. In der neuen Tide und Flachwasserzone soll einmal der Nachwuchs gefährdeter Fischarten wie der Finte gedeihen und auch die nur an der Tideelbe heimische Pflanze „Schierlings-Wasserfenchel“.

Man müsse das Projekt differenziert betrachten, findet Katharina Menge vom Nabu. „Vom Naturschutzfachlichen her wäre es wünschenswert“, sagt die Naturschutzreferentin – obwohl das Gebiet bereits heute unter die FFH-Richtlinie fällt. Denn während in der Haseldorfer Marsch ein hochwertiges Schutzgebiet nur verändert worden wäre, könne im Fall der Borghorster Elblandschaft durchaus von einer Aufwertung gesprochen werden, sagt Menge.

Der Nabu lehnt es jedoch wie der BUND ab, diese Aufwertung als Ausgleich für eine Naturzerstörung anderswo zu akzeptieren. Mit den Borghorster Elbwiesen werde ja bereits Naturschutz betrieben. Darum habe sich der Senat ganz unabhängig vom Ausgleich für die Airbus-Werkserweiterung zu kümmern. Am versöhnlichsten klingt die Stellungnahme des Botanischen Vereins: Es habe sich „an der positiven naturschutzfachlichen Bewertung nichts geändert, auch wenn das Projekt jetzt als Ausgleich dienen soll“.

Der Senat hat für den neuen Anlauf 16 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Doch die Skepsis unter den AnwohnerInnen ist groß. Sie befürchten, dass hinter dem Deich das Wasser durch den Boden drückt, sollten die Elbwiesen der Elbe geöffnet werden. Die Wirtschaftsbehörde halte engen Kontakt mit den Anwohnern, versichert deren Sprecher Ahrens. „Uns ist daran gelegen, das mit denen zusammen zu machen.“ Die Rege lässt ein dreidimensionales hydronometrisches Gutachten über die Auswirkungen des Vorhabens erstellen. Nur wenn erwiesen sei, dass die Anwohner unter dem Plänen nicht zu leiden hätten, werde das Vorhaben angegangen, sagt Rege-Sprecher Karl-Olaf Petters.