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Archiv-Artikel

„Ein neues Bild vom Alter“

Wohngemeinschaften für Alte, Imagewerbung für die höheren Lebensjahre – Irmingard Schewe-Gerigk über die Ziele der neuen Seniorenorganisation der Grünen

taz: Vor 25 Jahren, zum Zeitpunkt ihrer Gründung, waren die Grünen eine Jugendpartei. Am heutigen Samstag gründen Sie nun eine eigene Seniorenorganisation. Ist die Partei in die Jahre gekommen?

Irmingard Schewe-Gerigk: Nein. Aber wir sind schon lange keine Eingenerationenpartei mehr. Auch bei der Gründung waren schon Ältere wie Helmut Lippelt und Wilhelm Knabe dabei. Die „Alten Grünen“ gründen wir, um die eigene Zukunft zu gestalten. Dazu brauchen wir ein neues, realistisches Bild vom Alter.

Wie soll dieses neue Bild aussehen?

Alt wird meist mit arm, schwach, pflegebedürftig gleichgesetzt. Das ist falsch. Das Bild von dem aktiven Alten im Alter von 50 bis 80 Jahren fehlt in der öffentlichen Wahrnehmung.

Wie wollen die Alten Grünen dieses Image verändern?

Die klassische Altenpolitik stellt Fragen beispielsweise nach genügend Pflegeplätzen. Das ist nötig, reicht uns aber nicht aus. Wir wollen Antworten auf die Probleme des demografischen Wandels finden. Das heißt, ältere Menschen sollen ihre Interessen formulieren und sich in alle politischen Themen aus ihrem Blickwinkel einmischen. Das ist auch eine Bereicherung für die politische Kultur.

Wird die Gründung der Alten Grünen die Partei in Junge und Alte teilen?

Nein. Wir möchten mit der Grünen Jugend zusammenarbeiten. Ein Komplott der Alten gegen die Jungen wird es bei den Grünen nicht geben.

Das originär grüne Thema in der Vergangenheit war der Umweltschutz. Wie ist dieses Thema gealtert?

Umweltthemen sind heute so aktuell wie damals. Die Politik muss sich aber auch mit den ökonomischen Ressourcen auseinander setzen. Den Alten wird oft vorgeworfen, dass sie auf Kosten der nächsten Generationen leben wollen. Der heraufbeschworene Krieg der Generationen wird nicht entstehen, wenn wir rechtzeitig Konzepte finden, wie wir mit der veränderten Gesellschaft umgehen.

Wollen Sie auch die Wohngemeinschaften der 68er ins Seniorenalter übertragen?

Ja. Die Grünen haben sich auch gegründet, um alternative Lebensformen zu praktizieren. Was spricht dagegen, auch im Alter nach neuen Formen des Zusammenlebens zu suchen?

Wie soll das aussehen?

Es gibt schon einige Modellversuche. Die alten Menschen leben zusammen und kaufen sich so viel Pflege dazu, wie sie es benötigen. Sie können auch mit jungen Menschen zusammenleben –und nicht ausgesondert in einem schönen Stift am Stadtrand.

Auch die Union hat einen Zusammenschluss der Senioren. Wollen Sie mit denen zusammenarbeiten?

Eher nicht. Mein Bild von der Senioren-Union sind Aktionen wie Kaffeefahrten. Die Alten Grünen unterscheiden sich davon sehr. Wir wollen Politik mitgestalten.

Auch Joschka Fischer gehört zur Altersgruppe der über 50-Jährigen. Wird er den Alten Grünen beitreten?

Dazu hat er sich noch nicht geäußert. Aber er hat gesagt, dass er die Gründung unterstützt.

INTERVIEW: SASCHA TEGTMEIER