: Demütigender Spaßfußball
Bayer Leverkusen zerlegt Bayern München mit 4:1. Während Bayer-Trainer Klaus Augenthaler seinem Fußball-Ideal schon recht nahe kommt, fordert sein Gegenüber Felix Magath mehr Geduld
AUS LEVERKUSENDANIEL THEWELEIT
Felix Magath war durchaus dankbar angesichts der großartigen Darbietung seines Kontrahenten. Bayer Leverkusen hatte Bayern München 90 Minuten lang schwindelig gespielt, in keiner Phase der Partie hatten die Bayern dem entfesselten Leverkusener Angriffszauber etwas entgegenzusetzen, und so konnte Magath wenigstens einen überzeugenden Grund für die 1:4-Niederlage seines Teams nennen, der nicht seine eigene Arbeit betraf: „Leverkusen hat heute einfach sehr, sehr gut gespielt, das war eine Leistung, die den Finalspielen der Champions-League würdig war“, sagte er. Der Trainer war ernüchtert und in der Defensive, das Ergebnis sei „schlimm“ und der „Unterschied zu Bayer Leverkusen unerfreulich“.
Magath weigerte sich allerdings, andere Gründe für die Demütigung zu nennen. Alle diesbezüglichen Aussagen könne er erst nach gründlichem Videostudium in den kommenden Tagen treffen. Sicher ist allenfalls, dass Bayern München noch lange nicht jenes Spitzenteam ist, das die ersehnten Titel sammeln kann. „Ich habe immer gesagt, dass wir uns durch die erste Saisonphase mogeln müssen“, erklärte Magath, die Umstellung vom vorsichtigen Spielansatz des Ottmar Hitzfeld zu seiner offensiven Kreativ-Fußball-Philosophie braucht wohl seine Zeit.
Klaus Augenthaler dagegen, der stets bodenständige Tugenden wie Arbeit und Disziplin predigt, hat eine Mannschaft, die exakt jenen Fußball spielte, den sie im München gerne sehen wollen. Sicher in der Defensive, agil und ideenreich im Mittelfeld und mit einem Sturmduo, das Schneisen in die Münchner Abwehrformation riss wie ein Wirbelsturm in der Karibik, zeigten die Leverkusener wohl den bisher besten Fußball der bisherigen Bundesligasaison. Dimitar Berbatov (20., 59.) und Franca (52., 57.) erzielten alle vier Tore, wagten riskante Dribblings, legten sich die Bälle auf und spielten in einigen Situationen zu zweit fünf gegnerische Verteidiger aus. „Die beiden da vorne waren Weltklasse“, meinte Michael Ballack anerkennend. Inklusive Pokal und Champions-League-Qualifikation haben Berbatov und Franca nun schon 13 Tore in sechs Spielen erzielt.
Aber es war ein Erfolg der auch dem Trainer gehörte. Nach dem Ausfall von Jens Nowotny hatte er wieder auf Viererkette umgestellt, innen mit Roque Junior und Juan, sowie außen mit Bernd Schneider und dem wiedererstarkten Diego Placente. Die Schwäche auf den Außenbahnen, die das Team in den vergangenen Spielen gequält hatte, war damit ausgeräumt und Paul Freier konnte mit Schneider im Rücken endlich Sicherheit und Offensivakzente in sein Spiel bringen. Für Nowotny könnte es schwer werden, wieder seinen Platz im Team zu finden. „Es gibt solche Tage, da klappt einfach alles“, sagte Schneider, der auf der ungewohnten Position geglänzt hatte und gemeinsam mit Freier permanent die größte Schwachstelle der Bayern, Owen Hargreaves, der allein auf der linken Seite agierte, entblößte.
„So geht Fußball, wie ich ihn mir vorstelle“, sagte Augenthaler nach dem ersten Sieg als Trainer gegen seinen Ex-Klub für seine Verhältnisse fast euphorisch. Es sei das erste der bisherigen sechs Spiele gewesen, mit dem er zufrieden war, langsam erinnern diese Leverkusener wieder an die großen Zeiten unter Christoph Daum und Klaus Toppmöller. Rechtzeitig zur Revanche für das Champions-League-Finale gegen Real Madrid in gut zwei Wochen. Daran mochte der besonnene Augenthaler aber noch nicht denken. „Wir müssen lernen, dass man so auch gegen Mainz 05 spielen muss“, sagte er, denn „mehr Punkte als dort gab es heute auch nicht zu gewinnen“. So ist Augenthaler, er spricht nicht über Spaßfußball, aber seine Spieler spielen ihn.