: Euregio soll Gegenpol werden
NRW will Beziehungen zu Nachbarländern Niederlande und Belgien ausbauen. Staatskanzleichef Kuschke fordert weitere EU-Strukturfördermittel und distanziert sich von Vorschlägen der NRW-SPD
AUS DÜSSELDORFMARTIN TEIGELER
Das größte Bundesland soll gemeinsam mit Holland und Belgien einen Westpol in der Europäischen Union bilden. „Das wäre ein starker Pol in Europa und ein Gegenpol zur Entwicklung in Osteuropa“, sagte Staatskanzleichef und NRW-Europaminister Wolfram Kuschke (SPD) gestern in Düsseldorf bei der Vorstellung einer 12.000 Euro teuren Broschüre über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Nordrhein-Westfalen und seinen Nachbarstaaten.
Allein in der Euregio, den 1.188 Grenzkilometer umfassenden Raum zwischen dem belgischen Schelderland und der Ems-Dollart-Region im Norden, leben 22,5 Millionen Menschen. „Die EU-Osterweiterung ist richtig. Aber für NRW ist der Benelux-Raum Handelspartner Nummer Eins“, sagte Minister Kuschke. In Wirklichkeit jedoch bestehe im erweiterten Grenzland längst ein „gemeinsamer Wirtschafts-, Handels-, Logistik- und Wissenschaftsraum“, den auch die Politik gestalten müsse.
Die von Kuschke vorgestellten konkreten Kooperations-Projekte wirkten im Vergleich zum geopolitischen Überbau eher kleinteilig: Grenzenlose Zusammenarbeit der Veterinäre gegen Tierseuchen, „Taskforce“ für den grenzüberschreitenden Bus-und-Bahn-Verkehr, stärkere Vernetzung der Feuerwehren und Rettungsdienste. Für Kuschke „eine Vielzahl von alltäglichen, aber auch von mittel- und längerfristigen Erfolgen“. So gibt es nach negativen Erfahrungen bei der Brandkatastrophe im niederländischen Enschede vor vier Jahren nun „unbegrenzte Ausnahmegenehmigungen“ für Hubschrauber und Feuerwehr-Fahrzeuge.
Hildegard Bongert-Boekhut von der Kreishandwerkerschaft im westmünsterländischen Kreis Borken stellte das „Kompetenz-Netzwerk NL/NRW“. Hier werden Handwerksbetriebe beim „Zakendoen in Nederland“, bei rechtlichen und bürokratischen Problemen im länderübergreifenden Unternehmertum beraten. „Wir helfen deutschen und niederländischen Firmen. Das Interesse ist auf beiden Seiten groß“, so Bongert-Boekhut.
Auch die Lobbyarbeit für neue EU-Strukturfördermittel nach 2006 sollen im Dreiländereck gemeinsam angegangen werden. Minister Kuschke distanzierte sich bei diesem Thema vom Vorschlag der NRW-SPD, dem Ruhrgebiet eine eigene Interessenvertretung in Brüssel zu geben. „Darüber muss man nochmal reden“, sagte Kuschke. Es sei fraglich, ob das Revier ein eigenes Büro bei der EU-Kommission brauche. Der Minister scheint über den Vorschlag der eigenen Partei wenig erfreut. Um die NRW-Außenpolitik kümmert sich Kuschke lieber selbst.