mittwochs ist baumtag : Der Hauptstadtwald
Öko-Zertifikat statt Umbau
Der Berliner Wald ist tapfer. Trotz aller Belastungen durch Schadstoffe, Hunde und Menschen lebt er noch und wird immer vielfältiger. Er besteht zwar noch zu zwei Dritteln aus Kiefern, aber die Übermacht der langen Nadelbäume ist nicht so groß wie in Brandenburg. Dort will man nun den Wald umbauen, denn die Monokulturen sind anfällig für Brände und trocknen den Boden aus. Bis 2045 soll sich der Mischwaldanteil in Brandenburg von knapp 20 auf 41 Prozent erhöhen, verkündete Landesforstchef von Bothmer gestern. Ein ehrgeiziges und teures Vorhaben – aber absolut notwendig, denn sonst wird im Berliner Umland das Grundwasser knapp.
Die Berliner Wälder haben einen Umbau nicht nötig. Die Kiefern sind sowieso auf dem Rückzug. In den letzten 50 Jahren wuchsen immer mehr Eichen und Buchen in den städtischen Forsten. Marc Franusch, Sprecher des Landesforstamtes, meint, das liege daran, dass mehr Wert auf Ästhetik gelegt wurde: „Die Berliner Wälder waren schon immer zur Erholung da. Da ist es wichtiger, dass sie schön aussehen, als bei irgendeinem Wald in Brandenburg, wo niemand spazieren geht.“ Einige Laubbäume wurden gepflanzt, den Rest regelte die Natur allein: „Ein paar Eichelhäher können auch zur Förderung der Laubbäume beitragen“, erklärt Franusch.
Der Wald nimmt 18 Prozent der Berliner Stadtfläche ein. Er gehört fast vollständig dem Land. Das möchte ihn auch nicht hergeben: „Der Wald“, so Franusch, „erbringt Leistungen, die nicht in private Hand gelangen sollen.“ Zu diesen „Leistungen“ gehören erholsame Ruhe unter grünen Blätterdächern, sauberes Trinkwasser und bessere Luft. Auch als Geldquelle dient der Wald dem Land Berlin. 2002 nahmen die Landesförster 700.000 Euro durch den Verkauf von Holz ein.
Aber der Berliner Forst ist nicht nur Leistungserbringer für gestresste Hauptstädter und marode Landeskassen. Er bekommt auch was zurück. Seit etwas über einem Jahr sind die Berliner Forsten als Naturlandbetrieb zertifiziert, und das bringt für die Förster einige Verpflichtungen mit sich: Kahlschläge und der Einsatz von Pestiziden sind tabu. Totholz soll liegen bleiben, weil darauf bekanntlich neue Bäume wachsen. Und es werden „Tabuzonen“ in den Wäldern entstehen, in die Menschen gar nicht mehr eingreifen.
Dennoch: „Der größte Feind des Waldes ist immer noch der Mensch“, meint Felicitas Kubala, umweltpolitische Sprecherin der Grünen. Immer wieder falle Wald dem Ausbau von Straßen oder Gebäuden zum Opfer. Egal, ob Kiefern oder Laubbäume dominieren.
DINAH STRATENWERTH