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Archiv-Artikel

DIE BAYERISCHE SPD KANN NICHT MEHR VIEL FALSCH MACHEN Die Schuld lag nicht beim Bund allein

Abspalten? Auflösen? Neu gründen? Wie ein Reflex tauchen diese Schlagwörter nach jeder neuen Wahlenttäuschung der bayerischen SPD auf – und am vergangenen Sonntag dauerte es nach der ersten Hochrechnung ungefähr zwei Minuten, bis die Ersten im Fraktionssaal der Sozialdemokraten wütend forderten, dass man sich jetzt endlich von Berlin lossagen müsse. Da nickten viele im Raum. Doch nach dem ersten Schock wetterte der ewig kluge und einst selbst in der Bayern-SPD leidgeprüfte Peter Glotz aus seinem Schweizer Forschungsexil, das sei doch alles Schwachsinn, dann müsse man auch ein völlig neues Parteiprogramm schreiben. Das will natürlich niemand.

Der Ruf nach einer autonomen Bayern-SPD oder gar einer Sozialdemokratischen Partei Bayerns (SPB) ist zwar verständlich, wenn man erlebt hat, wie der Spitzenkandidat Franz Maget durch die geradezu grotesken Wahlkampfauftritte von Gerhard Schröder und Manfred Stolpe der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. Doch es ist eine Illusion zu glauben, dass man sich mit dem Einflechten der Bayernraute ins SPD-Wappen bei den traditionsbewussten bayerischen Wählern anbiedern könne. Ganz im Gegenteil würden dann wohl auch die letzten Getreuen von der Fahne gehen, zumal eine Sezessionspolitik kein einziges der Probleme löst, mit denen die bayerischen Sozialdemokraten zu kämpfen haben: chronische Mutlosigkeit, gewaltige Strukturdefizite, eklatanter Personalmangel.

Im Gegensatz zum offensiven Wahlkampf der Bündnisgrünen hat die SPD allenfalls halbherzig versucht, Stoiber direkt zu attackieren und die – durchaus vorhandenen – landespolitischen Probleme zum Thema zu machen. Da verwundert es, dass man sich jetzt damit herausreden will, allein die Bundespolitik habe die Niederlage verursacht.

Denn seine riesige Wahlkampftour hat Franz Maget eher dazu genutzt, um die Kräfte in der sozialdemokratischen Diaspora zu sammeln und das wackelige Fundament der Partei, die Ortsvereine, zu stärken. Es fragt sich, ob das tatsächlich die Aufgabe des Spitzenkandidaten vor einer Landtagswahl sein kann. Leider fand sich innerhalb der Bayern-SPD aber auch sonst niemand, der es hätte tun können. Die Rücktritte des Vorsitzenden Wolfgang Hoderlein und der Generalsekretärin Susan Biedefeld waren lange überfällig – sie wirkten glücklos und überfordert. Den Landesvorsitz dürfte nun der durch das Wahldebakel noch am wenigsten beschadete Franz Maget übernehmen, der bereits Fraktionsvorsitzender im Landtag ist. Damit besäße er die Macht und hoffentlich auch den Mut, die Partei in den kommenden fünf Jahren personell umzukrempeln. Viel verlieren kann er dabei nicht mehr. JÖRG SCHALLENBERG