Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Werbung versus Taschenrechner

Genießt eure Freizeit, macht eine Spritztour ans Meer! Dazu gibt es schließlich die durchschnittlich 3.548 Wochenenden bis zum Tod. Schreibt der Fahrzeugverleiher Europcar auf seinen Lkws. 3.548 Wochenenden sind einerseits eine Menge Zeit, um das Leben zu genießen. Andererseits sind 3.584 zu wenig, um das Genießen noch lange aufzuschieben, meint unser freundlicher Wochenendausstatter. Vor allem aber ist die Zahl: falsch. Denn 3.548 Wochenenden sind nur etwa 68 Jahre. Die Gesamtbevölkerung in Deutschland lebt laut Statistischem Bundesamt rund zehn Jahre länger.

Warum sterben Europcar-Kunden früher? Kann man unter diesen Umständen die Benutzung der Leihwagen überhaupt empfehlen? Heike Heisterkamp von Europcar sieht das so: Der Satz sei keine statistische Aussage – wie man beim Lesen ja durchaus meinen könnte – sondern eine werbliche. „Ich würde das nicht als Fehler sehen“, sagt sie noch, macht dabei aber einen ziemlich geknickten Eindruck.

Marcel Loko ist einer von drei Gründern der Werbeagentur „Zum goldenen Hirschen“, die für Europcar wirbt. Dort erfand man so geniale Slogans wie „Außen Minister, innen grün“ für Joschka Fischer. Das hilft jetzt aber auch nicht mehr. Loko improvisiert: „Autos kann man erst ab achtzehn fahren. Wenn man die 3.548 Wochenenden erst ab dann zählt, leben Europcar-Kunden sogar acht Jahre länger.“

Europcar schreibt auf seiner Homepage: „Studien beweisen, dass eine Lkw-Fläche täglich von ca. 28.000 Menschen wahrgenommen wird. Es ergeben sich bis zu 16 Millionen jährliche Sichtkontakte.“ 16 Millionen sind eine Menge Leute, die die Falschaussage sehen. Vor allem aber ist die Zahl: falsch. 28.000 Menschen am Tag sind nur 10,22 Millionen jährlich, nicht 16 Millionen. Aber vielleicht haben Europcar-Kunden ja nicht nur mehr Wochenenden pro Leben, sondern auch 571 Tage pro Jahr . SEBASTIAN HEISER