: Attest auf Aktenbasis
Flugtauglich trotz erwiesenen Bandscheibenschadens: Ausländerbehörde schiebt Mann innerhalb eines Tages ab
Franjo A. ist gestern morgen freiwillig zur Ausländerbehörde der Stadt Hamburg gegangen – auf Krücken. Er hatte ein Attest seines Arztes dabei, das ihm weiterhin Bandscheibenprobleme diagnostiziert. Mit diesem Attest wollte A. eigentlich seinen Duldungsstatus verlängern.
„Als der Herr bei uns eintraf, haben wir uns entschlossen, die Maßnahme durchzuführen“, sagt Norbert Smekal, Sprecher der Ausländerbehörde. Und meint die sofortige Abschiebung. Noch am frühen Abend wurde Franjo A. via Berlin nach Belgrad geflogen.
Er wohnte seit 16 Jahren in Deutschland, zusammen mit seiner Frau hat er zehn Kinder. Das jüngste ist acht Monate alt. A. und seine Familie gehören der Volksgruppe der Roma an. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, seit 15 Jahren duldeten ihn die deutschen Behörden. Bis gestern.
„Wir haben ein Flugtauglichkeitsattest für ihn“, erklärt Smekal. Seine gesundheitliche Lage habe sich nicht verschlechtert, er könne abgeschoben werden. Laut der Flüchtlingsanlaufstelle Café Exil hat der Arzt, der A. die Flugtauglichkeit attestierte, seinen „Patienten“ nie untersucht. Er darf solche Atteste auf Aktenbasis schreiben.
Der Anwalt von A. schickte einen Eilantrag gegen die Abschiebung: Roma würden in Serbien-Montenegro diskriminiert. Daher sei die bei einem Bandscheibenvorfall notwendige ärztliche Versorgung nicht gewährleistet. Er berief er sich dabei auf das Deutsche Rote Kreuz.
Vergeblich: Um 17.50 Uhr startete A. mit Flug JU 355 von Berlin.
Sebastian Siegloch