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Archiv-Artikel

Karriere verschleiert

Bündnis Islamischer Gemeinden kritisiert Integrationsbeirat und Vorurteile gegen das Kopftuch. Deswegen „schon der Intellekt abgesprochen“

Beirat „entweder der Koalition nahe stehend oder finanziell erpressbar“

von TONIO POSTEL

Mit mehr „Transparenz, Offenheit und Dialog“ will das Bündnis der Islamischen Gemeinden in Nordeutschland (BIG) e. V. einen „konstruktiven Beitrag zur Integration der Muslime“ leisten. Deshalb soll in Zukunft zu „wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen“ regelmäßig Stellung bezogen werden.

Den Anfang machten nun fünf Vertreter des Vorstands von BIG, die gestern zur Pressekonferenz in die Centrumsmoschee in der Böckmannstraße einluden. Diskussionsthema war vor allem das Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. „Das äußere Erscheinungsbild spielt bei der Ausübung eines Berufs immer noch eine große Rolle“, sagte der Sprecher des BIG, Mustafa Yoldaș. Besonders die Öffentlichkeitsreferentin und Frauenbeauftragte beim BIG, Özlem Nas – Trägerin eines Kopftuchs – konnte dies bestätigen. „Mir wurde schon wegen meines Kopftuchs der Intellekt abgesprochen“, sagte sie.

Bei Bewerbungen oder bei der Suche nach Arbeit generell sei der Schleier alles andere als behilflich. „Am Telefon hört sich alles sehr positiv an, aber sobald das Kopftuch erwähnt wird, hat sich die Sache erledigt“, berichtet Yoldaș. Bewerbungen, denen ein Kopftuch-Foto beigelegt wurde, würden gar nicht erst beantwortet. „Selbst wenn die besten Zensuren vorliegen, ist eine Anstellung in einer Arzt-Praxis oder bei einer Bank für gläubige Türkinnen ausgeschlossen“, fügte er hinzu. „Bei Putzfrauen wird der Schleier noch akzeptiert, aber sobald es um eine leitende Stelle geht, ist er tabu“, ärgert sich Yoldaș. Auch in Schulklassen würden Lehrer versuchen, muslimische Kinder zu beeinflussen, das Kopftuch abzunehmen. „Sie sagen, dass sie ohne Schleier attraktiver sind“, berichtet Yoldaș kopfschüttelnd.

Das just vom Bundesverfassungsgericht gefällte KopftuchUrteil um die Lehrerin Fereshta Ludin, die ihr Kopftuch bei der Arbeit zunächst anbehalten darf, begrüßte der Sprecher des BIG, wünschte sich dennoch ein „differenzierteres Urteil“. Schließlich sei die Verantwortung lediglich an die Bundesländer weitergegeben worden, stellt Yoldaș heraus.

Ein weiterer Punkt war die Bilanz der Arbeit des Integrationsbeirats in Hamburg, der vor gut einem Jahr das Amt der Ausländerbeauftragten Ursula Neumann und ihrer zwölf Mitarbeiter ersetzen sollte. Moniert wurde, dass die Mitarbeiter des Integrationsbeirats bloß ehrenamtlich arbeiteten und „nur alle drei bis vier Monate“ zusammenkämen. Des weiteren hätten die Mitarbeiter des Beirats meist keinen Migrationshintergrund, und wenn, seien sie „entweder der Koalition nahe stehend“ oder „finanziell erpressbar, da vom Senat bezahlt“, formuliert das BIG. Am ehesten in die Integrationsdiskussion eingebunden werden müssten die praktizierenden Muslime, die „mit keiner Stimme dort vertreten“ seien, obwohl sie „die Mehrheit der Einwanderer aus den außereuropäischen Ländern“ bildeten. Einigkeit bestand darüber, dass die Muslime in der vom Bürgermeister oft gepriesenen „weltoffenen Stadt“ eindeutig zu kurz kämen.

Am 3. Oktober veranstaltet das BIG unter dem Titel „Erfahrungen und Perspektiven im Dialog der Religionen“ den „Tag der offenen Moschee“, in der Imam Ali Moschee, dem Islamischen Zentrum Hamburg. „Wir öffnen unsere Türen auch dafür, damit man Miteinander und nicht mehr übereinander spricht“, sagt Özlem Nas. Yoldaș hatte indes noch einen Appell an die Hamburger: „Man darf in der Existenz der Muslime keine Bedrohung sehen.“