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Archiv-Artikel

Pfälzer CDU will ihren Frontmann loswerden

Bezirksvorsitzende mobben Landeschef Böhr. Der CDU-Halbpromi soll Ludwigshafens Bürgermeisterin weichen

FRANKFURT taz ■ Sicher. Christoph Böhr ist kein Knaller. Eher, so finden viele, ein Schnarchsack aus der Eifel. Aber dass jetzt die drei Bezirksfürsten der Union in Rheinland-Pfalz verhindern wollen, dass der 1997 mit großer Mehrheit gewählte Landesvorsitzende und Chef der Unionsfraktion die Partei in die nächste Landtagswahl führt, belegt: Die rheinland-pfälzische CDU übt erneut eine Palastrevolution.

So wie 1988 auf einem Landesparteitag in Koblenz. Da führte ein selbst ernannter Brutus namens Hans-Otto Wilhelm den Dolch im Gewande. Das Opfer war Bernhard Vogel – der nach Helmut Kohl wohl populärste Ministerpräsident und Vorsitzende der Union in Rheinland-Pfalz. Wilhelm machte Vogel den Parteivorsitz streitig.

Danach ging es zügig bergab mit der Union und mit Wilhelm. Bernhard Vogel dagegen wurde umgehend in Thüringen wieder Ministerpräsident – und ein gefeierter Landesvater dazu. In Rheinland-Pfalz triumphierte die SPD zuerst mit Rudolf Scharping. Und heute sitzen die Sozialdemokraten mit dem selbst bei den Anhängern der Union beliebten Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden Kurt Beck fester denn je im Sattel; immer mit der FDP als Steigbügelhalter.

Geschichte wiederholt sich nicht; es sei denn als Farce. Der gewesene Bundestagsabgeordnete Wilhelm soll nach Informationen aus dem Umfeld der Fraktion auch die aktuelle Intrige gegen den amtierenden Parteivorsitzenden und Oppositionsführer angezettelt haben. Die mächtigen Bezirksvorsitzenden der Partei aus Koblenz, der Pfalz und aus Trier und auch der ehemalige Kultusminister Georg Gölter stehen offenbar hinter ihm. Und immer öfter melden sich jetzt überall im Lande Parteifreunde zu Wort, die plötzlich auch zu der Erkenntnis gelangt sind, dass ihr eher introvertierter Landtagsabgeordneter Böhr bei den nächsten Landtagswahlen wohl nicht den Hauch einer Chance gegen den populären Kurt Beck habe. Die Bürgermeisterin von Ludwigshafen, Eva Lohse, 48, soll es für die revoltierenden Unionisten richten. Doch die erst vor zwei Jahren in der traditionell von der SPD regierten Chemiemetropole direkt gewählte Kommunalpolitikerin scheut eine Kampfkandidatur gegen Böhr.

Der studierte Germanist, Historiker und Philosoph Christoph Böhr, 50, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender seiner Partei ist, steht der Entwicklung gelassen gegenüber. Er habe seine Kandidatur doch erst vor wenigen Wochen im Landesvorstand angemeldet, und keiner der Bezirksvorsitzenden habe widersprochen, konstatierte er larmoyant im lokalen TV. Er gedenke deshalb auch, an seiner Bewerbung festzuhalten.

Entschieden wird die Sache wohl auf einem Landesparteitag am 12. November. Die Fraktion im Landtag steht mehrheitlich noch zu Böhr. Dass seine Gegner ihn jetzt abqualifizieren, schade der gesamten Union in Rheinland-Pfalz, sagte etwa der Landtagsabgeordnete Josef Bischel.

Bischel erinnerte an den Umsturz von 1988. Schließlich hätten die Parteifreunde, die jetzt Spitzenmann Böhr kritisierten, damals auch den Sturz von Vogel betrieben – mit den bekannten fatalen Folgen für die CDU.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT