„Brel – ein Orkan“

Jacques Brel, geboren am 8. April 1929 in Brüssel, wuchs in einer bürgerlichen Familie auf. Sein Vater war ein in Belgisch-Kongo zu Geld gekommener Geschäftsmann. Jacques, ein mittelmäßiger Schüler, begann als Jugendlicher, mit einer Laienschauspieltruppe zu arbeiten. Dort lernte er auch seine spätere Frau Thérèse kennen, die er 1950 heiratete. Mit ihr hatte er drei Töchter.

Anfang der Fünfzigerjahre stieg Jacques in die väterliche Kartonfabrik ein, wo er sich nach eigenem Bekunden zu Tode langweilte. Wichtiger waren ihm die gelegentlichen Auftritte in Brüssel mit selbst komponierten Liedern. 1953 ließ er sein Brüsseler Leben hinter sich und ging nach Paris. Erst als er genug Geld verdiente, ließ er Frau und Kinder in die französische Hauptstadt nachkommen.

Brel schrieb alle seine Texte selbst. Seine größten Erfolge sind: Quand on n’a que l’amour, La valse à mille temps, Ne me quitte pas, Les flamandes, Le plat pays, L’ivrogne, Les biches, Les bourgeois, Les bigotes, Les bonbons, Les vieux, Au suivant, Le moribond und Amsterdam.

Nachdem er 1961 für die erkrankte Marlene Dietrich im Pariser Olympia eingesprungen war, war Brel „angekommen“. Und der Belgier genoss die folgenden Triumphe: Der „Orkan namens Brel“, wie ihn der Figaro einmal nannte. Er gab zeitweise fast dreißig Galas im Monat, reiste zu Auftritten in die Sowjetunion, nach Polen, Rumänien, Bulgarien, Großbritannien, nach Afrika, Japan, Lateinamerika, Kanada und in die USA.

1967 beendete Brel seine Karriere als Konzertmusiker. Zu seinem Kollegen Charles Aznavour soll er gesagt haben: „Ich will kein alter Sänger sein.“

Ein alter Sänger sollte der Belgier niemals werden. 1977, acht Jahre nachdem die Ärzte Krebs bei ihm diagnostizierten, bäumte sich der (bis zum Ende ketterauchende) Todkranke ein letztes Mal auf. Kehrte nach Paris zurück und produzierte dort seine letzte Platte. Lapidarer Titel: Brel.

Fünf der siebzehn aufgenommenen Lieder sortierte er aus und bat seinen Verleger Eddy Barclay, sie nie zu veröffentlichen. Nur wenige Monate später starb Brel am 9. Oktober 1978 mit 49 Jahren in einer Klinik in Bobigny bei Paris an Lungenkrebs. Er ist auf der Südseeinsel Hiva-Oa bestattet.

Kein französischsprachiger Sänger hat größere Erfolge beim Lizenzverkauf erzielt: Allein Brels „Ne me quitte pas“ wurde von geschätzt achtzig SängerInnen – auch unter dem Titel „If You Go Away“ – interpretiert: Nina Simone, Alison Moyet, Dusty Springfield zählen zu dieser Riege ebenso wie Liesbeth List, Natacha Atlas, Costa Cordalis, Frida Boccara, Isabelle Aubret und Céline Dion.

Den fettesten Erfolg hatte Brel allerdings mit einem 1961 verfassten Chanson, das in seiner Version nicht besonders reüssierte: Le moribond, die bösartige Klage eines Sterbenden über die falschen Töne, die man auf seiner Beerdigung auf ihn anstimmen werde. Zwölf Jahre später sang es in einer kuscheligeren Variante Terry Jacks und nannte sein (One-Hit-Wonder) Seasons In The Sun.

Von allen französischen Chansons wurden die von Brel am häufigsten ins Deutsche übertragen: Klaus Hoffmann baute seine Karriere auf Liedern wie Amsterdam, Marieke oder Geh nicht fort von mir auf. DH, CL, JAF