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Archiv-Artikel

Wahlwerbung ist für die Katz

Interessieren sich Jungwähler für die Kommunalwahl? Eine Umfrage der Uni Duisburg-Essen besagt: Ja, aber die Wähler sind oft orientierungslos. Obschon sie bereits mit 16 ihr Kreuz machen dürfen

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Die Grünen vorn, knapp dahinter die Sozialdemokraten, und dahinter wiederum, abgeschlagen: die Christdemokraten. So könnte es aussehen am Abend der Kommunalwahl, wenn ausschließlich jene Menschen ihr Kreuz machen würden, die sich bisher an der Jungwähler-Umfrage der Universität Duisburg-Essen beteiligt haben.

Rund 1.000 Menschen zwischen 16 und 29 Jahren haben sich seit Anfang August durch die Fragen auf nrwahl.de geklickt. Projektleiter Thorsten Faas ist dennoch vorsichtig. Ein exaktes Parteien-Ranking will der Politikwissenschaftler nicht rausrücken, da „eine solche Online-Umfrage im Gegensatz zu anderen Umfragen keine punktgenauen Ergebnisse“ liefere. Interessanter findet Faas, wie Politik auf Jungwähler wirkt. „Tendenziell lässt sich feststellen: Je älter die Wähler sind, desto stärker ist ihr Interesse an der Kommunalwahl“, sagt Faas. Bei den Wahlberechtigten zwischen 16 und 20 Jahren mangelt es allerdings an Informationen: Lediglich 28 Prozent würden sich in der politischen Landschaft auskennen. Bezogen auf die Kommunalwahl und die dort nominierten Kandidaten sind es sogar nur magere 18 Prozent.

Ist also Wahlwerbung vergeblich – zumindest, was die Jungwähler betrifft? Offenbar schon: Denn 80 Prozent der Umfrage-Teilnehmer nehmen die Werbung zwar wahr, doch in ihrer Entscheidung beeinflussen lassen sie sich dadurch angeblich nicht. Eigenes Engagement in einer Partei schließen zudem viele von vornherein aus. Im Gegensatz zu einer Beteiligung an Demonstrationen, die 90 Prozent in Betracht ziehen. Die endgültige Auswertung der Umfrage will Faas nach der Wahl publizieren. Bis dahin wird sich auch gezeigt haben, wie viele der 16- und 17-Jährigen an der Wahl teilgenommen haben. 1999 durften sich diese Altersgruppen erstmals an der Kommunalwahl beteiligen. Gemeinsam mit Niedersachsen war Nordrhein-Westfalen damals Vorreiter, wenngleich die Regelung äußerst umstritten war. Bewährt hat sie sich trotzdem: Die 16- und 17-Jährigen nutzten ihr Wahlrecht zum Beispiel häufiger als die 18- bis 21-Jährigen. Mit 48 Prozent lag die Beteiligung der Jungwähler außerdem kaum unter dem allgemeinen Wert von 55 Prozent.

Offenbar wissen etliche Jugendliche aber immer noch nicht, was ihre Stimme wert ist. Daher rühren Parteien und Verbände nun die Werbetrommel. Vergangene Woche startete NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) die Kampagne: „Wer wird Platzhirsch?“ 100.000 Plakate und Aufkleber in Schulen und Jugendzentren sollen seither der Jugend die Wahl schmackhaft machen. Schließlich heißt es im Untertitel: „Du hast die Wahl – take the best“. Oh yeah, so lockt man die Jugend an deutsche Wahlurnen – auf Englisch.