piwik no script img

Fressen oder gefressen werden

Deutsche Großbanken wollen Sparkassen kaufen und der eigenen Übernahme entgehen

FRANKFURT/M. taz ■ Alle deutsche Privatbanken sind „mögliche Übernahmekandidaten“ für ausländische Großbanken. Diese Aussage von CommerzbankchefKlaus-Peter Müller im Interview mit der taz von gestern ließ den Kurs der Aktien der führenden deutschen Banken gestern leicht steigen. An der Börse schlug die Stunde der Spekulanten, Übernahmegerüchte erhöhen den Marktwert eines Unternehmens.

Hinzu kam eine Meldung des Handelsblatts, wonach die deutsche Tochter der Citigroup, die Citibank Deutschland, bereits „Zukäufe im Auge“ habe. „Wir würden eine Akquisition erwägen, wenn sie Sinn macht“, sagte die erst im Frühsommer aus den USA an die Spitze der Citibank Deutschland beorderte Sue Harnett. Im vergangenen Jahr spekulierten die Märkte immer wieder auf einen Kauf der Deutschen Bank durch die Citibank.

Nach Auffassung von Klaus-Peter Müller macht die Übernahme einer anderen Privatbank innerhalb von Deutschland für keine deutsche Bank Sinn. Im Vergleich mit den Giganten der Branche blieben selbst die drei größten deutschen Banken auch nach einer denkbaren Fusion ein Übernahmekandidat. Einen Ausweg aus dem Dilemma sieht Müller einzig darin, dass die Politik den Privatbanken „endlich die Türen für den Zukauf von Sparkassen öffnet“.

Bislang nämlich dürfen Sparkassen in keinem Bundesland an private Banken verkauft werden. Mit den Sparkassen, so Müller, könnten die deutschen Großbanken international konkurrenzfähig werden. Sie verfügten lokal über eine „enorm starke Stellung auf dem Privatkundenmarkt“.

Auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende und amtierende Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Rolf E. Breuer, forderte in dieser Woche auf einer Bankentagung in Frankfurt „Strukturveränderungen im Sparkassensektor“.

Gefordert seien jetzt die Landtage aller Bundesländer, sagte Müller. Sie müssten den Eigentümern der Sparkassen, den Kreisen und Städten, gestatten, ihre Institute „frei operieren“ zu lassen. „Dann kann sich jeder Bürgermeister oder Landrat überlegen, ob er seine Sparkasse verkaufen will – oder auch nicht.“

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen