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Archiv-Artikel

Das Ende der Doberfamilie

Arabiata: Wie ein tapferer Korrespondent einmal den König von Jordanien rettete (2)

Ich wusste, ich musste das Königreich Jordanien vor der feindlichen Übernahme durch die Dobermanns retten. Die Frage lautete nur: Wie? Gezielte Tötung – das wäre eine Möglichkeit gewesen. Doch preemptive Tyrannenmorde stehen nirgends hoch im Kurs. Außer in den USA. Oder in Israel. Ich wäre wahrscheinlich im Gefängnis gelandet – und niemand hätte mir geglaubt, dass ich das Reich verteidigen wollte.

Oder ein inszenierter Unfall? Tod durch Ersticken an einer Wurst? Wie sollte ich sie aber in den Rachen des Tieres bekommen, ohne selbst als Hackepeter zu enden? Nein, es musste etwas anderes her.

Eines Nachts kam mir die königrettende Idee: Mir fiel ein, dass Hunde ein noch sensibleres Gehör haben als ich. Insbesondere auf für Menschen kaum wahrnehmbare Töne im 15- bis 20-Kilohertz-Bereich reagieren sie äußerst empfindlich; Hundepfeifen sind der beste Beweis. Derartige Frequenzen, so meine Vorstellung, müsste man doch auch künstlich produzieren können, um sie gezielt einzusetzen. Klassische Konditionierung nach Pawlow: Der Hund bellt oder schwingt sich zu Paarungsritualen auf – und schon gibt’s was auf die Ohren. Irgendwann würde den Mitgliedern der Doberfamilie schon die Lust vergehen …

Im Internet fand ich schließlich das Gerät meiner Träume: einen Apparat mit dem viel versprechenden Namen „ultrasonic animal chaser“. Den würde ich mit einer Fernbedienung versehen – und schon bald hätte ich einen Sieg für König und Jordanland errungen, hoffte ich.

Eine freundliche Frau Geschwinde von der Kölner „Initiative für friedliche Problembewältigung mit Tieren“ besorgte die Geräte geschwinde und schickte sie mir. Als ich den kleinen Karton mit einer bestialisch keifenden Katze und einem geifernden Bluthund darauf sah, wusste ich: Ich hatte gewonnen. Schnell war der „ultrasonic animal chaser“ installiert und auf die vorlaute Doberfamilie ausgerichtet. Ich selbst setzte mich in meinen Gartenschaukelstuhl, mit einem Kasten Bier vor den Füßen und der Fernbedienung in der Hand. Ich war bereit, sie für meinen König einzusetzen. Nun musste die Doberfamilie nur noch ihren Bellkanon anstimmen oder mit ihren wilden Sexspielen beginnen.

Als sie dann endlich eine Stunde später loslegten, musste ich feststellen, dass mein „ultrasonic animal chaser“ bloß eine Reichweite von 30 Metern hatte. Ich war verzweifelt. Was bloß sollte ich tun? Der König würde untergehen und ich wahnsinnig.

Ein kollegialer Techniker gab mir den rettenden Rat, dem ich umgehend folgte: Ich setzte den „ultrasonic animal chaser“ in die Mitte einer großen, ausrangierten Satellitenschüssel und richtete diesen „super-hyper-mega-ultrasonic animal chaser“ erneut aus. Binnen Sekunden waren die Ziele erfasst und die Hochfrequenztöne ausgesandt, sobald sich auch nur ein Mitglied der Doberfamilie rührte. Bei jedem Laut tüdülte ich den Tölen Töne hinüber.

Nach einer Nacht war alles vorbei. Als ich zum letzten Mal von ihnen hörte – es war, als der Morgen bereits graute –, sangen sie „Lalelu, nur der Mann im Mond schaut zu“. Danach gaben Dobermann, -frau und -kinder nie wieder einen Mucks von sich. Sie sind stumm geschaltet. Manchmal sehe ich sie noch von meinem Gartenschaukelstuhl aus lautlos spielen: Reise nach Jerusalem. Dann schlage ich drei Halbmonde, denn derartige Ziele sind mir egal. Ich habe meinen König gerettet. BJÖRN BLASCHKE