Salonfähiger Antiislamismus

Betr.: „Kopftuch-Verbot: Kritik Teil II“, taz bremen vom 7. September 2004

Ich habe heute eine Kritik zum Kopftuchurteil in der Taz gelesen, die mich bis jetzt nicht losgelassen hat. Dabei ging es um eine „kirchliche“ Perspektive, die besagte, das Kopftuch anders beurteilen zu müssen als ein Kreuz oder eine Kippa. Ich trage kein Kopftuch, aber habe es jahrelang getan. Ich habe es getan in der Auseinandersetzung mit der Religion, der meine Familie angehört. Ich frage mich, wieviele Personen sich noch so deprivatisieren müssen, so vieles von sich, aus ihrer Privatsphäre öffentlich machen müssen, damit der vorherrschende Antiislamismus in Deutschland aufhört. Ich weiß, dass der 11. September vieles dazu beigetragen hat, doch damit können sie tägliche Demütigungen der Muslime in Deutschland nicht rechtfertigen. Sie können nicht rechtfertigen, dass muslimische Frauen vor allem tagtäglich mit der Gretchen-Frage konfrontiert werden. Durch den 11. September ist der Antiislamismus salonfähig geworden, doch während des Nationalsozialismus war ein Antisemitismus auch normal. Dass sich die Kirche nicht davor zurückscheut, um des eigenen Vorteils willen die Religionsfreiheit gegenüber dem Islam einzuschränken, finde ich äußerst bedenklich. Die Aufgabe einer Religion ist nicht in erster Linie, sich der Gesellschaft anzupassen. Religion soll Hoffnung und Trost stiften. Ist es so schwer, dieses den Muslimen zu gönnen? SAKINE SUBASI, Bremen