Rollend zur Medaille

Bei der Rollhockey-Weltmeisterschaft in Wuppertal hoffen die deutschen Damen auf einen Überraschungscoup. Die Verantwortlichen erwarten darüber ein gesteigertes Medieninteresse

AUS WUPPERTALTHOMAS BESCHE

Hallen für 10.000 Zuschauer, Live-Übertragungen im Fernsehen und Spieler, die sich als Profis voll auf ihren Sport konzentrieren können – diesen Stellenwert hat Rollhockey in südeuropäischen und südamerikanischen Ländern. Paradiesische Verhältnisse, von denen deutsche Rollenrastellis mit Schläger nur träumen dürfen. Zwar wird auch die Weltmeisterschaft der Damen, bei der 15 Nationen vom 19. bis 25. September in der Wuppertaler Uni-Halle um den Titel spielen, kaum etwas am hiesigen Status einer Randsportart ändern können. Stören kann das die Protagonisten nicht, denn sie sind fasziniert von ihrem Sport. Klaus Rupsch kann das bestätigen. Der Bergmann aus Marl ist Trainer der deutschen Damen-Nationalmannschaft und seit 37 Jahren mit dem Virus Rollhockey infiziert. Für die WM hat ihn sein Arbeitgeber freigestellt. „Es fehlt zwar die Härte wie beim Eishockey, trotzdem ist Rollhockey eine fantastische und fesselnde Sportart. Hier kommt alles zusammen: Schnelligkeit, Technik und Kombination.“

Davon muss der Wuppertaler Zuschauer nicht mehr überzeugt werden. Im Stadtteil Cronenberg sammeln die Damen und Herren des RSC schon seit Jahrzehnten Meistertitel en masse, weshalb der Club nicht zu Unrecht als das „Bayern München im Rollhockey“ bezeichnet wird. Wenig verwunderlich, dass mit Beata Geismann, Claudia Netthöfel und den Schwestern Inga und Maren Wichardt vier Spielerinnen des RSC das Gerüst der Nationalmannschaft bilden. Im vergangenen Jahr holten sich die deutschen Damen den Europameistertitel. „Jetzt sollte mindestens Platz fünf am Ende herauskommen, aber eine Medaille wäre natürlich noch besser“, meint Maren Wichardt, die Allrounderin im Team. Rupsch ordnet die Erwartungen ähnlich ein. „Das Ziel ist eine Medaille, egal welche. Unser Präsident will sogar Gold. Aber ab dem Viertelfinale kann so viel passieren. Wichtig ist, dass wir den Portugiesinnen aus dem Weg gehen“, sagt Rupsch. Gegen die Teams aus Mexíko und Indien sollte sich die Deutschen problemlos durchsetzen können. Ein anderes Kaliber sind die Spanierinnen. „Gegen die geht es am Dienstag um den Gruppensieg“, meint Rupsch. Sollte der gelingen, spielt die Mannschaft im Viertelfinale gegen den Zweiten aus der Gruppe D, also aller Voraussicht nach nicht gegen Portugal, die als Gruppenfavorit gelten.

Als Anwärter auf die WM-Krone gilt Titelverteidiger Argentinien. Deren Spielerinnen zelebrieren den Sport auf vier Rollen athletisch und technisch perfekt. Eine Augenweide, wie sie den Hartgummiball über 2 x 20 Minuten Spielzeit in den eigenen Reihen laufen lassen. Um gegen die Übermacht aus Südamerika und Südeuropa bestehen zu können, hat Rupsch seine Damen in der WM-Vorbereitung gegen Herren-Mannschaften antreten lassen. Einen letzten Härtetest gab es am Mittwochabend in der Uni-Halle gegen ein Team von aktuellen und ehemaligen Spielern des RSC Cronenberg. Die Parallelen sind ähnlich wie beim Fußball: in Sachen Athletik sind die Herren überlegen, technisch können die Damen mithalten. Rupsch ist jedenfalls froh, dass es nach langer und intensiver Vorbereitungszeit bald losgeht. „Die Stimmung im Team ist bombastisch. Alle fiebern dem Start entgegen.“

Ob sich die gute Stimmung auch auf die Ränge der Uni-Halle überträgt, bleibt abzuwarten. Knapp 3.000 Zuschauer finden dort Platz. Rupsch macht keinen Hehl daraus, dass er die WM gerne in seine Heimatstadt Marl geholt hätte. 2002 wurde dort schon einmal die Damen-Rollhockey-WM ausgetragen. „Da war die Halle jeden Abend mit 800 Zuschauern ausverkauft. Ich hoffe, dass die Stimmung hier ähnlich sein wird“, sagt Rupsch. Zwar hatte sich Marl erneut für die Austragung beworben, aber Wuppertal wegen des 50-jährigen Bestehens des RSC Cronenberg in diesem Jahr den Zuschlag bekommen.

Genauso wichtig wie ein sportlich erfolgreiches Abschneiden wäre den WM-Organisatoren eine breitere Öffnung nach außen. Doch dafür fehlt das Geld. Rupsch wüsste Abhilfe. „Ein Schub würde unser Sport mit Übertragungen im Fernsehen bekommen. Aber wenn das DSF oder Eurosport fünfstellige Beträge pro Abend fordern, sprengt das unser Budget in Höhe von 70.000 Euro. So werden wir als Randsportart immer mehr in die Nische gedrängt.“