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Archiv-Artikel

„Die KVB abschaffen“

Die Kommunalwahl vom 26. September bewegt Kölns Studierende weniger als Klausuren oder Hausarbeiten

Köln taz ■ Von wegen „heiße Phase“ und „Endspurt“ – vom Wahlkampf ist zehn Tage vor dem kommunalen Urnengang in der Hauptmensa der Kölner Uni kaum etwas zu spüren. Die Gespräche zwischen Kroketten und Hähnchenkeule drehen sich um die aufgeschobene Hausarbeit und das Ende der Semesterferien. 60.000 Studierende zählt die Kölner Universität, wie viele davon wahlberechtigt sind, kann die Stadt nicht sagen. Eine eigene Rubrik „Studenten“ taucht in der Statistik nicht auf.

Wählen? „Achherrje, das gibt‘s ja auch noch“, ist Christian von der Frage überrascht. Der Lehramtsstudent sitzt auf der Heizung im Eingangsbereich und blättert in der neuesten Ausgabe der Titanic. Wählen will er schon: „Nur dann darf man motzen.“ Dass er mit seiner Stimme etwas bewegt, glaubt er nicht. „Aber vielleicht bin ich ja das Zünglein an der Waage.“ Von Kommunalpolitik bekomme er nicht so viel mit, gibt Christian zu. Ihm gehe es mehr um Anliegen wie Soziales, Arbeit und Umwelt.

Andreas steht eingequetscht zwischen zwei Mädels und mustert die Teller, die der Reihe nach vor seinen Augen erscheinen. Heute stehen „Hähnchenkeule, gegrillt“, „Ravioli mit Pilzfüllung“ und zuletzt eine weiße Schale mit braunrotem Inhalt zur Wahl. Andreas hat Hunger. Was die Parteien in Köln so machen, interessiert den Deutsch- und Geschichtsstudenten im siebten Semester nur am Rande. „Ich habe hier meinen Zweitwohnsitz“, erklärt er. Er könne in Köln also gar nicht wählen. „Ich hab das gemacht, damit mein VRS-Ticket bis nach Hause gilt.“

Sebastian (21) freut sich auf den 26. September. Der VWL-Student will die Wahl nicht verpassen, „damit mich der Schramma demnächst nicht mehr von der ersten Seite des Müllkalenders anguckt“. Der steht zwar nicht zur Wahl, aber sei‘s drum. Stefan neben ihm ergänzt: „Wer nicht wählt, wählt die Falschen.“ Er hat sein VWL-Vordiplom in der Tasche und würde am liebsten „die KVB abschaffen und in die Bildung investieren“, während Sebastian für „mehr Bahnen“ plädiert: „Neue Linien auf den Ringen. Mehr Nachtlinien. Mehr Bahnen nach FC-Spielen, auch mal ohne Zwischenstopp zum Neumarkt oder Hauptbahnhof“.

Anne kann damit nichts anfangen. Die 21-Jährige studiert Italienisch und Geschichte und muss erst mal ihre Hausarbeit schreiben. „Ich bin ja nicht in Köln gemeldet“, erklärt sie. Kommilitonin Betty auch nicht. „Hab ich versäumt“, meint die 22-Jährige und lächelt entschuldigend: „Jetzt bin ich eben immer noch guter, alter Schwabe.“

Ginge es nach Benjamin, könnte sich die Stadt die Kosten für Wahlen sparen. „Die Parteien unterscheiden sich eh nicht“, sagt der Germanistikstudent. Wählen geht er nie. „Da ist einfach niemand für mich dabei“, erklärt er. Außerdem würden alle nur daherreden, statt etwas zu tun. „Das kommt jetzt vielleicht falsch rüber, aber was fehlt, ist jemand, der sagt, wo‘s lang geht.“ Ruth Helmling