Zukunft der Rennbahn wird zum Roulette

Ein Casino auf dem Gelände der Weidenpescher Pferderennbahn könnte dem Rennverein langfristig aus der Finanzklemme helfen. Doch der sucht weiter nach einer kurzfristigen Lösung und besteht auf Teil-Geländeverkauf und Wohnbebauung

Von Thomas Spolert

Wohlfahrtsverbände und andere soziale und kulturelle Institutionen setzen schon lange auf die Spielwut der Deutschen und lassen sich durch Rubbellose ihre Aufgaben finanzieren. Dieses Laster könnte auch „die grüne Lunge“ im Kölner Norden retten: Rennbahn-Experte Jan Kleeberg schlug bei einer Diskussionsveranstaltung am Freitag den Bau eines Casinos vor. Das brächte dem Kölner Rennverein die nötigen Millionen, er bräuchte kein Gelände zur Bebauung mit Wohnungen zu verkaufen.

„Die Vertreter des Rennvereins waren von diesem Vorschlag begeistert“, berichtet Regina Bechberger von der Anwohnerinitiative „Grüne Lunge Weidenpesch“, die wie der Heimatverein Niehl die Bebauungspläne verhindern will. Bei einem nicht-öffentlichen Treffen aller Beteiligten, das im Rahmen des von der Stadt initiierten Mediationsverfahrens stattfand, kam auch diese Möglichkeit auf den Tisch. Dabei ist die Casino-Idee gar nicht so neu. „Mir ist es ein Rätsel, wieso der Rennverein nicht schon im letzten Jahr eine Lizenz beantragt hat“, wundert sich Bechberger. Ein solches Verfahren dauere genauso lang, wie die Genehmigung der Teilbebauung und deren Ausschreibung.

Alternativ zu der Casino-Idee hatte Rennbahnexperte Jan Kleeberg auch vorgeschlagen, mit einem Hotel und einen Golfplatz die Geschäftszweige des Rennvereins zu erweitern. Beide brächten im Jahr jeweils rund 300.000 Euro zusätzlich in die Kasse des Rennvereins. Ein Casino könnte allerdings noch höhere Gewinne abwerfen.

Bei dem Treffen am Freitag konnte man sich allerdings nicht auf eine gemeinsame Lösung des Problems einigen. Der Rennverein will nach wie vor seinen Teil des Geländes für Wohnungen verkaufen, um von seinen Schulden in Höhe von 5,5 Millionen Euro runter zu kommen.

Als Bauland brächten ihm die ins Auge gefassten 8.000 Quadratmeter an der Niehler Straße 9,5 Millionen Euro. Genug für Schuldenbegleichung und Sanierung der maroden Gebäude, insbesondere der Haupttribüne, und Stallungen. Dann könnte es dafür auch Landeszuschüsse geben.

Kleeberg habe in seiner Analyse festgestellt, so Initiativensprecherin Bechberger, dass der Rennverein mit nur vier Angestellten „unterbesetzt“ sei. „Die wollen verkaufen, weil es die einfachste Lösung ist“, schließt sie. „Die hatten auch keine Lust unsere Finanzierungsvorschläge zu prüfen“, gibt sie ihren Eindruck von dem Treffen wieder.

Nach den Vorstellungen der Anwohnerinitiative könnten die Stadt oder die Gläubigerbanken das Grundstück erwerben und an den Rennverein zurück verpachten. Außerdem könne ein Fond aufgelegt werden, dessen Rendite zum Teil an den Rennverein fließt, um die Schulden zu tilgen. Auch eine Insolvenz und Neugründung wie bei der Trabrennbahn in Gelsenkirchen wurden vorgeschlagen. Bechberger: „Der Dissens besteht fort.“

Diskussion zur Rennbahn-Bebauung: „Bürger fragen – Politiker antworten“, heute, 20 Uhr, Grundschule Nesselrodestraße. Dabei sind u.a. Martin Börschel, Michael Zimmermann (beide SPD), Jörg Frank, Horst Thelen (beide B90/Grüne), Karl-Jürgen Klipper (CDU)