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Archiv-Artikel

Verwaltung fast neutral

Um Kosten zu sparen, ließ die CDU in Castrop-Rauxel Wahlkampfwerbung von städtischen Angestellten verteilen. SPD hätte auch gern Porto gespart

Wenn das alle Parteien machen könnten, wäre es ja in Ordnung, findet die SPD

VON ULLA JASPER

Wenn man, wie die CDU wegen der Schwarzgeldaffäre, 21 Millionen Euro an die Staatskasse zurückzuzahlen hat, muss man als Partei sparen, wo es nur geht – auch beim Kommunalwahlkampf. Da kann es dann schon mal vorkommen, dass städtische Bedienstete während ihrer Arbeitszeit Wahlwerbung der CDU unters Volk bringen sollen – wie in Castrop-Rauxel.

In der Poststelle der Stadtverwaltung fanden sich letzte Woche einige Dutzend Päckchen mit Wahlkampfmaterial der CDU, die über die interne Post an die Schulen ausgeliefert werden sollte. Die Hausmeister, die dafür zuständig sind, die Post im Rathaus abzuholen und zu ihren Schulen zu bringen, sollten die Wahlwerbung dort auslegen und an interessierte Lehrer und Schüler weitergeben. „Die Aufklärung über die Wahlprogramme der Parteien gehört ja auch zur politischen Bildung“, findet Hilmar Claus, der Fraktionsvorsitzende der CDU in Castrop-Rauxel. Außerdem gebe es viele Schüler, die sowieso bei der Partei das Wahlprogramm anforderten. Man habe sich deshalb überlegt, den Schulen gleich mehrere Exemplare zu schicken. „Vielleicht gibt es ja auch mal eine Klasse, die das Thema Kommunalwahl im Unterricht bespricht.“

Eigentlich also eine ehrenwerte Aktion im Kampf gegen niedrige Wahlbeteiligung und Politikverdrossenheit? Die Begeisterung der anderen Parteien hält sich in Grenzen. Die SPD findet vor allem ungerecht, dass nur die CDU diesen Verteiler benutzt habe: „Wenn der allen Parteien offen stehen würde, wäre das ja in Ordnung. Da könnten dann alle Portokosten sparen. Aber so hat ja nur die CDU profitiert“, so der Stadtverbandsvorsitzende Frank Schwabe.

Daran, dass zu politischer Neutralität verpflichtete städtische Angestellte während ihrer Arbeitszeit den Wahlkampf der Parteien unterstützen sollen, hat er prinzipiell nichts auszusetzen. Ob die Verwaltung denn dann auch den Wahlkampf rechter Parteien unterstützen würde? „Das wäre problematisch. Darüber müsste man dann nochmal nachdenken.“ Die SPD kritisiert außerdem, dass dies nur ein weiterer Vorfall in einer Reihe von CDU-Verfehlungen sei. Schon mehrmals seien leitende Mitarbeiter der Verwaltung im Wahlkampf vor den Karren der CDU gespannt worden, so Schwabe.

Bei der CDU wiegelt man ab. Was die SPD da jetzt behaupte, sei doch „nichts als Wahlkampf“, so Claus. Die Sozialdemokraten hätten sich außerdem schon viel Schlimmeres erlaubt, argumentiert er – allerdings ohne Beispiele nennen zu wollen: „Das ist nicht unser Niveau.“ Er gibt aber zu, dass „die Aktion vielleicht nicht so zu Ende gedacht war“. Also alles nur eine kleinstädtische Wahlkampfposse? Nicht ganz, wie das Innenministerium in Düsseldorf mitteilt. Die Wahlleitung vor Ort müsse überprüfen, ob die rechtlichen Regeln eingehalten werden, so Sprecherin Dagmar Pelzer. Die Landeswahlleitung könne erst aktiv werden, wenn eine offizielle Beschwerde vorliege. Bis dahin kann man nicht beurteilen, ob es sich tatsächlich um einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot handelt oder nur um fehlendes demokratisches Fingerspitzengefühl.