: Debakel der Freiheitlichen hinter dem Arlberg
Bei den Landtagswahlen im österreichischen Vorarlberg holt sich die ÖVP die absolute Mehrheit zurück. Demgegenüber halbiert sich der Stimmenanteil der FPÖ. Für die schwarz-blaue Koalition in Wien wird das Regieren jetzt schwieriger
WIEN taz ■ Wahlen in Vorarlberg pflegen diesseits des Arlbergs niemanden aufzuregen. Im katholischen „Ländle“, wo ebenso fleißige wie konservative Menschen leben, regiert seit Menschengedenken die ÖVP. Und daran wird sich auch nach den Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag nichts ändern. Für die ÖVP-dominierte Regierung in Wien ist das kein Grund zur ungeteilten Freude, vor allem nicht für den Juniorpartner FPÖ.
Überraschend waren nur die hohen Zugewinne, die Landeshauptmann Herbert Sausgruber für seine Partei verbuchte. 54,9 Prozent, ein Plus von neun Punkten, bringt der ÖVP eine satte absolute Mehrheit zurück. Zuletzt musste man mit der FPÖ regieren, die 1999 27,4 Prozent erreicht hatte. Davon blieben nur 13. Von den 11 Mandaten im Landtag gingen 6 verloren.
Das Wahlziel, den zweiten Platz zu verteidigen, wurde klar verfehlt. Die SPÖ, vor fünf Jahren mit einem Absturz auf 13 Prozent gedemütigt, zog mit 16,8 Prozent am blauen Rivalen vorbei. Auch die Grünen waren zufrieden: sie verdoppelten ihren Mandatsstand auf 4 und gewannen damit Fraktionsstärke zurück.
Drei Sieger also und ein großer Verlierer. Größter Gewinner ist die Partei der Nichtwähler. Denn nahezu 40 Prozent der Wahlberechtigten blieben den Urnen fern. In diesem Lichte sind die Grünen die eigentlichen Sieger, denn sie konnten als einzige Partei nicht nur an Prozenten, sondern auch an Nettostimmen zulegen.
Verlierer ist nicht nur der Parteichef der FPÖ-Vorarlberg, Dieter Egger, sondern auch Vizekanzler Hubert Gorbach, der bis zu seiner Berufung als Minister für Infrastruktur der Landespartei vorgestanden hatte. Gorbach sprach von einer „bitteren Stunde“ für seine Partei in „seinem“ Bundesland. Parteichefin und Haider-Schwester Ursula Haubner versuchte, dem Debakel eine positive Seite abzugewinnen, schließlich seien die letzten Bundeswahlen noch schlechter ausgefallen. Doch wird es ihr schwerer fallen, den deutschnationalen Flügel am rechten Rand der FPÖ zu bändigen.
Auch Jörg Haider selbst warf den Vorarlberger Parteifreunden vor, zu zahm gegenüber dem Koalitionspartner gewesen zu sein. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel muss mit unruhigeren Zeiten rechnen. Der Politologe Peter Filzmaier konstatierte, dass Sausgrubers Erfolg vor allem der Abgrenzung zur eigenen Bundespartei zu verdanken sei. Die ÖVP war überall dort erfolgreich, wo sie auf Distanz zur Bundespartei ging. Der Landeshauptmann präsentierte sich als gütiger Landesvater und wetterte gegen Ungerechtigkeiten, die gegen seinen Willen von Brüssel (Verkehrslawine) oder Wien (Pensionsreform) verordnet worden seien. Schüssel und seine Minister hatten während des Wahlkampfs Auftrittverbot. Sausgruber, der mit seinen 21 Mandaten bequem allein regieren könnte, will trotzdem einen Koalitionspartner suchen. Konsenspolitik hat in Vorarlberg Tradition. Wer der Auserwählte sein wird, soll ab Mittwoch in Gesprächen mit den kleineren Parteien geklärt werden. RALF LEONHARD