parteien im kommunalwahlkampf – heute: kölner perspektive Bildung – Jugend – Familie : Kämpfer gegen Verschwendung, Regulierungswut und Unterrichtsausfall
Als engagierte Bürger mischen sie schon seit Jahren in der Kölner Kommunalpolitik mit. Sie arbeiten in Pflegschaften, Bürger- und Elterninitiativen, organisieren Veranstaltungen, schreiben Eingaben. Sie kämpfen dafür, dass weniger Unterricht ausfällt, mehr Geld in die Sanierung von Schulen gesteckt wird und die Hortbetreuung erhalten bleibt.
Dabei habe man auch einige Erfolge zu verbuchen, sagt Josef Bünger, Vorsitzender der Schulpflegschaft Kölner Grundschulen. So habe man zum Beispiel die „Lehrerfeuerwehr“ durchsetzen können, die Ersatz schickt, wenn kurzfristig ein Lehrer ausfällt. „Das klappt mehr oder weniger“, sagt der Diplomkaufmann. Trotzdem spielten die Themen Schule, Kinderbetreuung und Jugendhilfe bei den Kölner Parteien leider nur eine untergeordnete Rolle. „Wenn es zum Schwur kommt, sprich: ums Geld geht, wird hier zuerst gekürzt.“
Damit sich das ändert, entschlossen sich Bünger und seine Mitstreiter selbst zur Kommunalwahl anzutreten und gründeten im Juni die Wählervereinigung „Kölner Perspektive Bildung – Jugend – Familie“. Auf diesem Gebiet, erklärt Bünger, seien sie in den letzten Jahren zu Experten geworden. Seit sechs Jahren studierten sie detailliert den Kölner Haushalt und rechneten dem Stadtrat vor, wie weit Bedarf und tatsächliches Budget auseinander klaffen. Ergebnis: 500 Millionen Instandhaltungsstau an Kölner Schulen.
Das aber hat dramatische Folgen, sagt der 44-Jährige. Denn weil die Stadt es nicht schafft, intakte Gebäude mit kompletter Ausstattung und funktionierender Verwaltung bereitzustellen, fehle es den Lehrern oft an den elementarsten Dingen für ihren Unterricht – vom zunehmenden Frust mal ganz abgesehen. Bünger fordert daher, Bildung und Schule endlich den ihnen angemessenen Stellenwert zu geben. „Da muss man auch mal sagen: Wir geben mehr Geld aus.“
Aus diesem Grund sei die Kölner Perspektive auch gegen die Offene Ganztagsgrundschule: Im Vergleich mit den Horten würden die Kinder dort von weniger qualifiziertem Personal in kleineren Räumen betreut. Josef Bünger kennt sogar Fälle in Köln, wo 20 Kinder auf 20 Quadratmetern im Schulkeller untergebracht würden und fragt: „Warum wird immer an unsererem Nachwuchs gespart?“
Dass die Stadt kein Geld mehr für Bildung, Soziales und Jugend hat, liegt laut Bünger vor allem an ruinösen und unnötigen Großprojekten wie Müllverbrennungsanlage, Stadion oder Deutzer Rathaus. „Die Stadt übernimmt das wirtschaftliche Risiko für Prestigeobjekte“, den Profit hätten andere und die Bürger keinen Nutzen, moniert er. Die Kölner Perspektive sei daher auch gegen die Privatisierung von städtischem „Tafelsilber“; das verringere nur weiter den Spielraum für die Bürger, „und die Schulden steigen trotzdem“.
Der selbständige Unternehmensberater Bünger würde dagegen lieber auf mehr Deregulierung setzen und so der Kölner Wirtschaft neue Impulse verpassen. Warum zum Beispiel, fragt er, erhebt die Stadt mit riesigem bürokratischem Aufwand eine Gebühr für Außengastronomie? Warum muss man Strafe zahlen, wenn man in eine Baulücke ein Haus baut und daher keine Parkplätze schaffen kann? Solche Vorschriften trieben die Kosten für Investoren und Geschäftsleute nur unnötig in die Höhe. Stattdessen sollten doch städtische Angestellte lieber auf „freiwilliger Basis“ in sozialen Projekten mithelfen, schlägt er vor. So werde die Stadt sozialer, „und der eine oder andere sinnlose Verwaltungsakt wird vielleicht gar nicht erst gemacht“.
Sollte Bünger mit seiner Truppe tatsächlich in den Rat einziehen, können sich die Kollegen von den etablierten Parteien noch auf manch anderen unkonventionellen Vorschlag gefasst machen. „Wir haben viele konstruktive und teils radikale Ideen“, preist der Spitzenkandidat seine Kölner Perspektive. Man sei nicht links, nicht rechts, sondern wolle einfach pragmatisch soziale Verbesserungen erreichen. „In unsere Lage müssen wir alles diskutieren.“ Susanne Gannott