Verloren in der Masse

Viele Studienanfänger suchen zu Semesterbeginn Rat beim AStA der Universität. Studentenvertreter fordern bessere Betreuung für Neulinge. 1.000 Zimmer fehlen

„Am Lerchenfeld stehen wir immer öfter vor verschlossenen Werkstatt-Türen“

Vor der Tür des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Hamburger Universität drängelte sich gestern eine Schlange. „Die Erstsemester werden von der Uni allein gelassen“, empörte sich Heino Windt von der AStA-Sozialberatung, „darum landen die bei uns.“ Zu Beginn des Semesters kamen allein 5.300 Studienanfänger erstmals auf den Campus im Grindelviertel. „Viele fühlen sich durch die Massenuni überfordert“, sagte Windt, den Neulinge mit Fragen zu BAfÖG, Auslandsstudium oder Prüfungsfristen bestürmten. Der AStA-Refernt: „Wir fordern endlich eine kompetente Einführung für die Erstsemester.“

Darum bemühen sich seit Jahren ältere Kommilitonen, die in „Orientierungseinheiten“ über Aufbau und Anforderungen des Studiums informieren. „Das ist keine adäquate Vorbereitung“, beklagte Windt. Wegen häufiger Änderungen der Studienordnungen in den vergangenen Jahren sind die höheren Semester „da nicht mehr im Takt“. Die Uni müsse die Tutoren darum fortbilden. Wissenslücken bestünden vor allem bei den neuen Modulstudiengängen mit Bachelor- und Masterabschluss, die Magister und Diplom ersetzen sollen.

Nach dem Gesetz dürfen die Studierenden noch zwischen den beiden Systemen wählen. „Eine Farce“, rügte AStA-Vorstand Alexander Haack. In manchen Fachbereichen wie Medizin fehlten im Wintersemester Seminare im Lehrangebot, die für das 1. Staatsexamen prüfungsrelevant sind: „Faktisch ist da keine Wahl“, monierte Haack.

Große Sorge bereiten vielen Studierenden zudem die geplanten Gebühren. Ab 2004 sollen jene, die nicht in Hamburg oder im Speckgürtel wohnen, jährlich 1.000 Euro fürs Studieren zahlen. Als „Skandal“ bezeichnete Haack, dass bisher noch keine Gebührensatzung für Langzeitstudierende verabschiedet sei, obwohl die Regelung 2004 in Kraft tritt: „Wir haben einen großen Andrang verunsicherter Kommilitonen in der AStA-Rechtsberatung.“

Unterdessen bangen viele Studierende an der benachbarten Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) um die Eigenständigkeit ihrer Lehrstätte. Gestern beschlossen die Hochschüler auf einer Vollversammlung eine Protestwoche vom kommenden Montag an, mit der sie für den Erhalt kämpfen wollen. Um Geld einzusparen, will Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) die Hochschule mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni fusionieren.

Geld ist auch am Lerchenfeld knapp. Dort gibt es statt einer Studentenwerks-Mensa nur eine private Caféteria, wie Jade Jacobs vom AStA der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) beklagte. „Zugleich macht eine Werkstatt nach der anderen dicht, weil die Bezahlung der Leiter nicht gesichert ist“, warnte Jacobs. „Wir stehen immer öfter vor verschlossenen Türen.“

Derweil teilte das Studentenwerk mit, dass 1.000 Studierende noch kein Dach überm Kopf hätten. Die Studentenwohnheime sind voll belegt. EVA WEIKERT