: Mautkorb für den Bundestag
Toll Collect will den Parlamentariern keinen umfassenden Einblick in die Verträge mit dem Bund geben. Verkehrsminister Stolpe spricht von notwendiger „Vertragsanpassung“
BERLIN taz ■ Eklat im Bundestag: Das Lkw-Maut-Konsortium Toll Collect weigerte sich gestern, seine Verträge mit der Bundesregierung umfassend offen zu legen. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses äußerten sich gestern einmütig empört. „Das ist doch absurd“, schimpfte der grüne Verkehrssprecher Albert Schmidt. „Wir reden über das Geld des Steuerzahlers – da geht es um einen Vertragswert von 7 Milliarden Euro.“
Die Mautfirma will den Abgeordneten des Verkehrsausschusses nur unter strengen Auflagen Einblick gewähren. In einem Schreiben, das der taz vorliegt, schlägt Toll-Collect-Aufsichtsrat Klaus Mangold Verkehrsminister Manfred Stolpe zwei mögliche Verfahren vor: Entweder sollen nur der Vorsitzende des Ausschusses und die Sprecher der Fraktionen Einsicht erhalten. Notizen wären dabei erlaubt, aber keine Kopien. „Die zur Verfügung gestellten Unterlagen sind zurückzugeben“, schreibt Mangold. Oder aber die Unterlagen würden als „Verschlusssache geheim“ deklariert – dann dürften alle Ausschussmitglieder in den Vertrag schauen, aber nicht darüber reden.
„In der Politik ist Öffentlichkeit gefragt, das müssen die Betreiber noch lernen“, sagte dazu Albert Schmidt. „Sonst ist die Public Private Partnership von vornherein gescheitert.“ Der SPD-Verkehrssprecher Reinhard Weis sah Mangolds Schreiben „fast als Affront“. Dirk Fischer von der Union nannte die Vorschläge des Managers ebenfalls „völlig inakzeptabel“ und wandte sich auch gegen Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD). Der sei nach einer Reihe von Fehlern nicht mehr zu halten.
Manfred Stolpe seinerseits äußerte sich gestern optimistisch, dass die technischen Fehler des Systems beseitigt werden könnten. Allerdings sei eine „Vertragsanpassung“ notwendig. Der ursprüngliche Kontrakt sei nicht mehr stimmig, weil der Terminplan nicht eingehalten werden konnte. Fragen der Haftung, Vertragsstrafen und Einnahmeausfälle seien aber noch offen, so Stolpe. Er warf den Toll-Collect-Managern „gezielte Fehlinformation“ bezüglich der Pannenserie in den vergangenen Monaten vor. Toll Collect reagierte sofort: Das sei ein „ungeheurer Vorwurf“. Alle Informationen über „relevante Entwicklungen zum Stand des Projekts“ seien „dem Auftraggeber unmittelbar zur Verfügung gestellt“ worden.
Der Verkehrsausschuss beschloss gestern, die Toll-Collect-Manager für die nächste Woche vorzuladen. Klar ist, dass sich das Unternehmen durch seine Informationspolitik Feinde gemacht hat. Stolpe hat allerdings wegen der weiteren Zusammenarbeit ein Interesse daran, Toll Collect nicht zu stark in die Pflicht zu nehmen. Ganz anders die Bundestagsabgeordneten: „Ich habe die Spekulationen satt“, sagt etwa Albert Schmidt. „Ich will wissen, was da an Haftungsregeln drinsteht – und das dann durchziehen.“ URB
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