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Archiv-Artikel

Der Mietenspiegel und die Folgen

Alle zwei Jahre erscheint die amtliche Übersicht über die in Hamburg tatsächlich gezahlten Mieten. Für viele Vermieter Anlass, kräftig zuzulangen, auch über gesetzliche Grenzen hinaus. Doch die Mieter haben Rechte, auf die sie sich berufen können

von Eve Raatschen

Der gerade erschienene Mietenspiegel 2003 wird vielen Vermietern einen Anlass liefern, eine Mieterhöhung zu verlangen. Vermieter können auch, ohne dass sie konkret ins Haus investiert haben, die Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verlangen. Die wird in Hamburg durch den Mietenspiegel repräsentiert. Der Mietenspiegel setzt den Vermietern Grenzen: Lange nicht jede Mieterhöhung ist wirksam und muss gezahlt werden.

Ausgeschlossen ist eine Mieterhöhung von vornherein, wenn vertraglich eine Staffel- oder Indexmiete vereinbart wurde oder es sich um eine Sozialwohnung oder ein Studentenwohnheim handelt. Dort gelten andere Regelungen.

Voraussetzungen

Der Vermieter braucht zur Mieterhöhung die Zustimmung der Mieter. Die sind aber nur dann verpflichtet, einer Mieterhöhung zuzustimmen, wenn alle Voraussetzungen für eine wirksame Mieterhöhung vorliegen: Die vorgeschriebene Form muss beachtet, die sogenannte Kappungsgrenze von 20 Prozent eingehalten, und es darf nicht mehr als die ortsübliche Miete verlangt werden.

Formalien

Die schriftliche Aufforderung des Vermieters oder seines Bevollmächtigten, einer Mieterhöhung zuzustimmen, muss an alle Hauptmieter gerichtet sein. Eine eigenhändige Unterschrift des Vermieters ist nicht erforderlich – es reicht ein Namensstempel oder der bloße Abdruck des Namens am Ende des Textes. Die Erhöhung kann auch in Kopie oder per Fax verschickt werden.

Mieter haben nach Erhalt des Schreibens zwei Monate Zeit, sich zu überlegen, ob sie zustimmen. Beispiel: Das Erhöhungsschreiben geht im Dezember 2003 zu. Die Zustimmungsfrist läuft bis zum 28. Februar 2004. Die neue Miete muss dann – wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen – ab dem 1. März 2004 gezahlt werden.

Die Mieterhöhung muss begründet werden, entweder durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Feld des Mietenspiegels (der muss nicht beigelegt werden), durch ein beigelegtes Sachverständigengutachten oder durch die Angabe dreier Vergleichswohnungen. Die Vergleichswohnungen müssen so genau beschrieben sein (Anschrift, Ausstattung), dass überprüft werden kann, ob sie mit der eigenen Wohnung vergleichbar sind.

Die vorherige Anhebung der Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete darf nicht weniger als ein Jahr her sein. Beispiel: Eine Mieterhöhung wurde zum 1. Januar 2003 verlangt. Eine neue Mieterhöhung, die vor dem 1. Januar 2004 zugeht, ist unwirksam. Zwischenzeitliche Mieterhöhungen wegen Modernisierung und gestiegener Betriebskosten hindern den Vermieter allerdings nicht daran, die Miete auch vor Ablauf eines Jahres auf das Mietenspiegelniveau anzuheben.

Wurde eine dieser Formalien nicht eingehalten, so sind die Mieter nicht zur Zustimmung verpflichtet. Hat der Vermieter bis hierher alles korrekt gemacht, sollte überprüft werden, ob er auch mit der verlangten Höhe der Miete richtig liegt.

Kappungsgrenze

Die Nettokaltmiete darf sich innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 20 Prozent erhöhen. Beispiel zur Berechnung dieser sogenannten Kappungsgrenze: Der Vermieter verlangt ab dem 1. März 2004 die neue Miete. Drei Jahre vor diesem Datum, am 1. März 2001, betrug die Nettokaltmiete 5,00 Euro pro Quadratmeter. Die Miete darf jetzt auf maximal 6,00 € angehoben werden. Ausnahme: Die Kappungsgrenze gilt nicht für Mieter ehemaliger Sozialwohnungen, die bisher Fehlbelegungsabgabe bezahlt haben. Außerdem bleiben bei der Berechnung der Kappungsgrenze Mieterhöhungen aus den vergangenen drei Jahren aufgrund von Modernisierungen unberücksichtigt. Wäre im Beispielsfall im Jahr 2002 aufgrund des Einbaus eines Wasserzählers die Miete um 0,10 € pro m[2]erhöht worden, so wäre eine Mieterhöhung jetzt auf maximal 6,10 € möglich.

Vergleichsmiete

Auch wenn ihm die Kappungsgrenze mehr erlauben würde: Der Vermieter darf die Miete immer nur auf die ortsübliche Vergleichsmiete laut Mietenspiegel anheben. In den Hamburger Randgemeinden gilt der Hamburger Mietenspiegel nicht. Nur in Norderstedt gibt es einen eigenen Mietenspiegel, der jährlich im März neu erscheint.

Die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet sich unter anderem nach dem Baualter der Wohnung. Bei neu ausgebauten Dachgeschosswohnungen oder komplett umgestalteten Wohnungen gilt das Baualter des Aus- oder Umbaus. Auch ist die – tatsächliche – Wohnungsgröße und die Ausstattung maßgeblich für die Zulässigkeit der verlangten Mieterhöhung. Bei durchschnittlichen Wohnungen kann der Vermieter eine Anhebung auf den Mittelwert des Mietenspiegels verlangen.

Die von der Baubehörde veröffentlichte Broschüre zum Mietenspiegel (erscheint einige Wochen nach dem Mietenspiegel) enthält eine Liste mit Merkmalen, die zur Normalausstattung oder zur gehobenen Ausstattung gehören. Verlangt der Vermieter zuviel, zum Beispiel den Oberwert des Mietenspiegels für eine normale Wohnung oder mehr als 20 Prozent, ist die Mieterhöhung nur in Höhe des zulässigen Teilbetrages wirksam.

Vermieterkündigung

Hat der Vermieter alles richtig gemacht, sollte ihm die (Teil-)Zustimmung zur verlangten Erhöhung (oder zur korrekten Höhe) schriftlich zugeschickt werden. Es reicht nicht aus, den Erhöhungsbetrag kommentarlos zu zahlen. Wer einer korrekten Mieterhöhung nicht zustimmt, riskiert trotz Zahlung eine Klage.

§ 569 BGB regelt ausdrücklich, dass der Vermieter nicht kündigen darf, wenn die Zustimmung nicht erteilt oder die erhöhte Miete nicht gezahlt wurde. Er muss immer zuerst die Zustimmung vor Gericht einklagen, wenn er seine Mieterhöhung durchsetzen will.

Für Mieterinnen besteht nach Erhalt einer Mieterhöhung ein Sonderkündigungsrecht (§ 561 BGB) – interessant für alle Auszugswilligen, die eine lange Kündigungsfrist einhalten müssen.

Die Autorin ist Juristin bei Mieter helfen Mietern, Bartelsstr. 30, 20357 HH, ☎ 431 39 40, info@mhmhamburg.de, www.mhmhamburg.de.