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Archiv-Artikel

Aero Lloyd am Boden zerstört

Der deutsche Ferienflieger ist pleite. Die Bayerische Landesbank gibt kein Geld mehr – trotz Sanierungsplan. 1.400 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Im In- und Ausland sitzen tausende von Passagieren fest, warten auf Ersatzflüge. Die Konkurrenz freut sich

aus Oberursel KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Um sechs Uhr morgens wird das letzte Triebwerk abgestellt. Dann, am gestrigen Vormittag, meldet die Ferienfluggesellschaft Aero Lloyd beim Amtsgericht in Bad Homburg Insolvenz an. Angestellte, Fluggäste, selbst der Luftverkehrsverband Barig sind überrascht. Doch der Mehrheitseigner und zugleich größte Kreditgeber, die Bayerische Landesbank, lehnt einen Sanierungsplan ab und will kein Geld mehr geben.

Die Oberurseler Fluggesellschaft bekam den dramatischen Umsatzeinbruch nach den Terroranschlägen selbst ernannter „Gotteskrieger“ in den USA und später auf der Trauminsel Bali stärker als andere Airlines zu spüren. Das Unternehmen war eigenständig, während hinter der Konkurrenz meist große Konzerne stehen, etwa die Lufthansa hinter der Condor. Erst im Juni 2003 war auf Druck der insgesamt sieben Kreditgeber bei der Airline eine neue Geschäftsführung installiert worden. Die arbeitete den auf drei Jahre angelegten Sanierungsplan aus.

Die Bayerische Landesbank zieht nur vier Monate später die Notbremse. Die permanent hohen Überkapazitäten am „Flugmarkt“ hätten die Anteilseigner dazu bewogen, die Airline endgültig fallen zu lassen, sagte ein Banksprecher. Über den Wolken und am Boden tobe schließlich ein „Verdrängungskampf“. Mit dieser Entscheidung fallen rund 1.400 Arbeitsplätze, davon 1.000 in Deutschland, weg.

Und auf den Flughäfen in Deutschland und in den Urlaubsgebieten standen sich die Reisenden gestern erst einmal die Beine in den Bauch. „Unser Reservierungssystem ist aufgrund von Wartungsarbeiten nicht zu erreichen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.“ Das bekam gestern zu sehen, wer die Homepage der Fluggesellschaft aufrief. Für frustrierte verhinderte Fernreisende telefonisch erreichbar war Aero Lloyd nur noch über eine Hotline: (0 61 71) 62 52 00.

Allerdings reagierten die Reiseveranstalter, die mit der Airline kooperieren, etwa TUI oder Thomas Cook, umgehend. TUI nahm zwei Maschinen von LTU unter Vertrag, die etwa 500 Urlauber aus Deutschland, die Reisen nach Griechenland und nach Ägypten gebucht hatten, von Düsseldorf und München aus noch am Nachmittag zu ihren Zielflughäfen bringen sollten. Thomas Cook organisierte Sonderflüge mit Maschinen der eigenen Fluggesellschaft und gestattet der Kundschaft auch die Umbuchung auf andere Airlines. Kleinere Veranstalter hielten sich vorerst bedeckt.

In Düsseldorf warteten rund 600 potenzielle Touristen auf ihre Ferienflüge nach Korsika, in die Türkei und nach Ägypten. Auf Rhein-Main (Frankfurt) wussten 400 Reiselustige auch am späten Nachmittag noch immer nicht, wie es weitergehen würde. Im Ausland seien 4.000 Reisende vom Ausfall der Maschinen der Gesellschaft betroffen, hieß es bei Aero Lloyd.

Pech haben übrigens die Nur-Fluggäste. Während Pauschalreisende, die Flug plus Unterkunft bei einem Veranstalter buchen, durch den gesetzlich vorgeschriebenen Reiseinsolvenzschutz abgesichert sind, bleiben Inhaber eines Flugtickets meist auf ihren Kosten sitzen.

Die 20 modernen Flugzeuge der endgültig heruntergekommenen Airline gehören jetzt zur Konkursmasse. Die Konkurrenz freut sich schon – auf den Ausverkauf.