: Aus dem Allgäu in die ganze Welt
Die Firma Biogas Schnell ist zum Marktführer beim Bau von Biogas-Blockheizkraftwerken geworden. Inzwischen hat sie sich auf die eigentlichen Kraftwerksaggregate spezialisiert. Über 600 hat man schon in Deutschland und auch im Ausland errichtet
Zwischenzeitlich haben es auch die Banker begriffen. Mitte der 90er Jahre war das noch anders – da ernteten Landwirte skeptische Blicke, wenn sie bei ihrer Hausbank um einen Kredit für eine Biogasanlage nachsuchten. Wenige Jahre später waren die selben Bankmitarbeiter bereits wie verwandelt – aufgeschlossen und kooperativ. Das Wort „Zukunftsmarkt“ ging ihnen beim Stichwort Biogas plötzlich locker über die Lippen. Für Unternehmer Hans-Jürgen Schnell war diese Entwicklung absehbar: „Wenn ich daran nicht geglaubt hätte, dann hätte ich wohl kaum eine Biogasfirma gegründet.“
So hat Schnell Weitsicht bewiesen. Gerade 25 Jahre war er damals alt, gelernter Kfz-Mechaniker und Maschinenbauer, und noch mitten im Studium der Energietechnik, als er auf dem elterlichen Hof im Allgäu eine Biogasanlage installierte. Eine gute Portion Bastelei gehörte dazu, „viel Material kam vom Schrottplatz“. Als das heimische Kraftwerk funktionierte, und auch Nachbarn eines wünschten, gründete Schnell ganz fix eine Firma.
Das war 1992. Anfangs baute er komplette Biogasanlagen mit Gärtank und allem was dazu gehört. Inzwischen aber hat er sich auf die eigentlichen Kraftwerksaggregate spezialisiert. Weit über 600 davon hat das Unternehmen bereits in allen Teilen Deutschlands und auch im Ausland errichtet, inzwischen kommen 150 pro Jahr hinzu. Damit ist die Firma Schnell in Amtzell im Allgäu mit ihren 35 Mitarbeitern längst zum Marktführer in Deutschland geworden.
Entsprechend hat das Unternehmen auch maßgeblich den technischen Fortschritt der Branche geprägt. Und dieser war enorm in den vergangenen Jahren: 1992 habe man pro Kuh gerade einen Kubikmeter Gas am Tag gewonnen, sagt der 36-jährige Firmenchef, heute kommt man bereits auf 1,5 bis 1,7 Kubikmeter. 1992 brachte zudem jeder Kubikmeter Gas nur eine Kilowattstunde Strom, heute bringt er deutlich mehr als zwei Kilowattstunden – immerhin erreicht der elektrische Wirkungsgrad der Kraftwerksaggregate inzwischen bis zu 40 Prozent. Damit hat sich der tägliche Stromertrag pro Kuh von einer Kilowattstunde auf nunmehr vier Kilowattstunden erhöht. „In zehn Jahren werden wir bei fünf Kilowattstunden sein“, schätzt der Unternehmer. Seine Prognose: „In 20 Jahren wird jeder Vieh haltende Landwirt eine Biogasanlage haben.“
Wer die Erfolgsbilanz vor Ort als Indiz nimmt, darf von Hans-Jürgen Schnell ohnehin noch einiges erwarten. Denn allein im Heimatdorf der Firma gibt es bereits sieben Anlagen. Die meisten Landwirte entscheiden sich aus ganz pragmatischen Erwägungen dafür: „Drei Viertel machen das nicht aus ökologischen Gründen“, weiß der Firmenchef – sondern weil es sich rechnet. Oder weil sie die Biogasanlage zur Abrundung der gesamten Wertschöpfung auf dem Hof sehen. Im Allgäu zumindest, sagt Schnell, „gehört die Biogasanlage auf dem Hof schon fast dazu“.
Aber auch andere Teile Deutschlands holen auf. Und ebenso das Ausland – Österreich, Italien, Belgien, aber auch Japan und Kanada seien im Kommen, sagt Schnell. „Und in Afrika geht es auch langsam los.“
Den jüngsten Schub bringt nun in Deutschland die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die den Landwirten wieder Planungssicherheit und gute Einspeisekonditionen für den erzeugten Ökostrom garantiert. Insbesondere die neuen Zuschläge für die Stromerzeugung aus Energiepflanzen haben in der Biogasbranche einen bisher einzigartigen Boom ausgelöst. Binnen zwei Jahren, so schätzt der Fachverband Biogas, werde sich die Zahl der Biogasanlagen in Deutschland von zuletzt 2.000 auf 4.000 verdoppeln. Deren Gesamtleistung werde sich zugleich, weil der Trend zu größeren Biogaskraftwerken geht, von heute 285 Megawatt auf 945 Megawatt mehr als verdreifachen – und damit bereits die Leistung eines Atomkraftwerks erreichen.
Spätestens damit wird offenkundig: Hans-Jürgen Schnell hatte 1992, als er in diesem Metier begann, einen Riecher für Zukunftstechnologien.
BERNWARD JANZING