karstadt : Krise einer Institution
Es ist eine Westberliner Institution: das Karstadt-Kaufhaus am Hermannplatz. Ein Geburtstagsgeschenk am Samstagnachmittag – hier findet man sicherlich etwas anderes als ein Buch, ein Fläschchen Parfüm oder eine CD. Nun scheint es so, als ob die Zeit solcher Kaufhausinstitutionen, vor allem der kleineren, vorüber sei. Für die Beschäftigten ist das dramatisch, für die Kunden jedoch wird sich nichts Wesentliches ändern.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Die Karstadt-Krise ist nicht allein auf die allgemeine Konsumkrise zurückzuführen, die durch die steigende Angst vor Arbeitslosigkeit und sinkende Reallöhne verstärkt wird. Darunter haben auch andere Handelshäuser zu leiden. Karstadt jedoch weitete seine Geschäftsbereiche zu weit aus, engagierte sich etwa bei der Kaffeehauskette Starbucks. Auch wurde die Expansion nach Osteuropa verschlafen – während im Inland die Umsätze zurückgehen, gibt es dort erheblichen Nachholbedarf.
Zudem hat sich das Einkaufsverhalten verändert: Die Kunden hecheln günstigen Angeboten in Fachmärkten hinterher, und sie stürmen die Einkaufszentren, in denen sich die Angebote diverser Ketten gleichen. Selbst wenn Karstadt einzelne Standorte aufgeben sollte, heißt das noch lange nicht, dass dort in naher Zukunft niemand mehr einkaufen kann.
Im Gegenteil. Kaufhausstandorte – auch und gerade in den Bezirkszentren – sind als Shopping Center und Einkaufszonen etabliert. Wo sich noch ein paar Euro mit den Kunden verdienen lassen, wird der Einzelhandel auch Angebote machen. Dass dabei das Sortiment insgesamt vielleicht nicht mehr ganz so breit ausfällt, damit müssen die Kunden nun leben. Sie hätten ja, wenn es ihnen so viel wert gewesen wäre, öfter zu Karstadt gehen können.