Kein Hintertörchen für Tillmanns Keller

Nach ihrer Wahlniederlage stoppt die münsterische CDU den Bau einer Tiefgarage. OB Tillmanns reagiert damit auf die Kritik am Lieblingsbauwerk, seine Hauruck-Wende soll ihm doch noch den Sieg bei der Stichwahl bringen

MÜNSTER taz ■ Nur einen Tag nach der überraschenden Wahlschlappe hat die münsterische CDU eines ihrer Lieblingsprojekte beerdigt. Nach der ersten Sitzung der neuen Ratsfraktion gab Oberbürgermeister Berthold Tillmann bekannt, dass der Bau einer Tiefgarage am Ludgeriplatz nicht weiter verfolgt werde. Der Beschluss sei einstimmig gefasst worden, das Aus sei endgültig: „Ein Hintertürchen gibt es nicht.“

Damit reagiert die bislang in Münster allein regierende CDU auf die herben Verluste, die sie am Sonntag in ihrer Hochburg einfuhr. Der geplante 20-Millionen-Bau am Rand der City, inzwischen stadtweit als “Tillmanns Keller“ geschmäht, gilt als einer der Hauptgründe dafür, dass sich über elf Prozent der Wähler von der CDU abwandten. Die muss der amtierende OB jetzt schnell zurückholen, wenn er am 10. Oktober die Stichwahl gegen seinen SPD-Herausforderer Christoph Strässer gewinnen will.

Man habe eingesehen, dass weite Teile der Bürgerschaft das Parkhaus nicht wollten, gab Tillmann kleinlaut zu. Diese Einsicht hätte ihm allerdings früher dämmern können. Seit die Idee vor fast drei Jahren erstmals auftauchte, stieß sie in der Stadt auf Ablehnung. Und zwar nicht nur bei den Anwohnern des „Ludgerikreisels“, unter dem auf zwei Etagen 400 Stellplätze entstehen sollten: In einer repräsentativen Umfrage sprachen sich vor einem Jahr 72 Prozent gegen das Parkhaus aus.

Die wichtigsten Argumente der Kritiker: Parkplatzsuchverkehr und drei Jahre Bauzeit führten zu Dauerstaus, Lärm und Emissionen am viel befahrenen Kreisverkehr stiegen, schon jetzt gebe es genug innerstädtischen Parkraum. Die CDU ließ sich davon jedoch nicht beirren. Selbst als einige Mitglieder der Bürgerinitiative „Keine Tiefgarage am Ludgeriplatz“ eine Normenkontrollklage einreichten, verteidigten OB Tillmann und Stadtdirektor Hartwig Schultheiß ihr Projekt als „stadtplanerische Notwendigkeit“.

Deshalb glaubt BI-Sprecher Markus Löwer auch nicht, dass die Verantwortlichen jetzt von tiefer Einsicht getrieben werden: „Das plötzliche Zurückrudern zeigt nur, wie nervös die CDU ist. Es geht ganz klar um den Machterhalt.“ Das offizielle Ende des Projektes begrüßt er zwar - genau wie SPD-Fraktionschef Wolfgang Heuer und Grünen-Sprecher Hery Klas. Dass die Diskussion um mehr Parkraum in Münsters City damit vom Tisch ist, glaubt Löwer aber nicht: „Das Thema wird immer weiter schwelen.“

Dafür wird vor allem Carola Möllemann-Appelhoff sorgen, seit Jahren glühendste Verfechterin des Ludgeri-Parkhauses. Ausgerechnet mit ihr und ihrer FDP muss die CDU jetzt über eine Koalition verhandeln, wenn sie eine Chance auf die Mehrheit im Rat haben möchte. Ärger droht Berthold Tillmann aber auch aus einer anderen Ecke: Die Sparkasse Münsterland Ost, die in der City derzeit das Einkaufszentrum „MünsterArkaden“ baut, hatte sich fest auf die 400 Stellplätze unter dem Kreisverkehr verlassen - und bereits massiv in die Planungen investiert. JÖRG GIERSE