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Schlussverkauf bei Karstadt

Aufsichtsrat billigt hartes Sanierungsprogramm: 77 von 181 Kaufhäusern werden geschlossen, bis zu 20.000 Mitarbeiter entlassen. Das bringt dem angeschlagenen Konzern 1,1 Milliarden Euro. Weitere 500 Millionen für die Sanierung aus Krediten

VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Sparen und Verkaufen: Mit diesem harten Konzept will der Vorstand von KarstadtQuelle den angeschlagenen Konzern wieder in die Gewinnzone bringen. Dazu werde er wohl bis zu 20.000 Arbeitsplätze streichen, fürchten Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und des Gesamtbetriebsrates von Karstadt. Die Beschäftigten von Karstadt (Hertie), Sinn Leffers oder KaDeWe, der Versandhandelsunternehmen Quelle und Neckermann, Thomas Cook (Reisen), Golf House (Sportzubehör) oder des Deutschen Sportfernsehens (DSF), die zum Konzern gehören, sind die Opfer der „harten Einschnitte“, die der Konzernvorstandsvorsitzende Christoph Achenbach gestern in Essen angekündigt hatte.

Rund 100.000 Menschen arbeiten noch für den Konzern. Die von den Gewerkschaftern genannten Zahlen von 20.000 Jobs wollte Achenbach zunächst nicht bestätigen. Allerdings seien betriebsbedingte Kündigungen „notwendig“. Dass 77 der insgesamt 181 Warenhäuser in Deutschland – wenn möglich – verkauft oder gleich geschlossen werden und etwa die Restaurants in den verbliebenden Häusern ausgegliedert werden sollen, sei vom Aufsichtsrat am Montagabend abgesegnet worden; allerdings gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter.

Auf Vorschlag des Vorstandes beschlossen worden sei auch die „Rückkehr zum Kerngeschäft“, was die Trennung von den „Randaktivitäten“ bedeute. „Wir können nicht länger auf derart vielen Hochzeiten tanzen“, sagte Achenbach. Gestern schon suchte Karstadt nach einem Käufer für die von dem Konzern gehaltenen Anteile an der Karstadt Coffee GmbH, einem erst vor einem Jahr aus der Taufe gehobenen Joint Venture mit Starbucks.

Das aber spült wohl nur Kleingeld in die leere Kasse von Karstadt. Schließlich braucht der Konzern rund 1,6 Milliarden Euro, um das Restrukturierungsprogramm des Vorstandes durchzuziehen. Unternehmensverkäufe und Stellenstreichungen sollen 1,1 Milliarden Euro bringen; und eine Kapitalerhöhung zusätzlich eine halbe Milliarde Euro. Die Kapitalerhöhung wollen sich Vorstand und Aufsichtsrat des Unternehmens möglichst bald auf einer außerordentlichen Hauptversammlung von den Aktionären absegnen lassen. 44,55 Prozent der Karstadtpapiere hält ein Pool um Madeleine Schickedanz. Sie ist die Alleinerbin des Gründervaters von Quelle, August Schickedanz. Nach der Verkündung der Sanierungspläne stieg der Aktienkurs gestern leicht an.

Welche Kaufhäuser wo endgültig geschlossen werden sollen, stand gestern noch nicht fest. Stellen gestrichen werden wohl zuerst im Versandhandel bei Quelle und Neckermann. Und ganz sicher aufgelöst werden die Callcenter des Unternehmens in Mainz und Köln. Die knapp 500 Beschäftigten dort – vor allem allein erziehende Mütter in Teilzeit – sind besonders empört. Denn Karstadt will nach Schließung der deutschen Standorte umgehend ein neues Callcenter einrichten – in der Türkei.

Für heute sind in allen Kaufhäusern des Konzerns Betriebsversammlungen angesetzt. Vor allem für mittelgroße Kommunen werden diese leer stehenden Häuser bald zum Imageproblem; mit Folgen für die gesamte lokale Wirtschaft. Nach der Schließung etwa des Karstadt-Kaufhauses in der Opelstadt Rüsselsheim (60.000 Einwohner) vor einigen Jahren blutete die City nach und nach aus. Immer mehr Einzelhandelsgeschäfte schlossen, weil die Innenstadt ohne ein Kaufhaus mit „alles unter einem Dach“ generell an Anziehungskraft verloren hatte. Die Lücke schließen riesige Einkaufszentren am Standrand.

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