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Archiv-Artikel

Industrieländer hilflos gegen Öl-Spekulation

Wachstum der Weltwirtschaft groß, Risiko auch. Tagung von IWF und Weltbank am Wochenende in Washington

BERLIN taz ■ Die Weltwirtschaft wächst derzeit so stark wie seit 30 Jahren nicht mehr. Doch die Risiken im kommenden Jahr werden größer sein als die Chancen. Davon geht der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem World Economic Outlook aus.

Vor allem der hohe Ölpreis macht den Experten Sorgen, hieß es kurz vor Beginn der IWF- und Weltbanktagung am Wochenende in Kreisen des Bundesfinanzministeriums. Nun soll auf Ebene der wichtigsten Industriestaaten G7 eine Initiative für mehr Transparenz auf den Ölmärkten gestartet werden. „Es geht vor allem um mehr Informationen“, hieß es. So soll etwa die Rolle der hochspekulativen Hedge-Fonds im Ölgeschäft genauer untersucht werden. Laut Schätzungen würden diese bis zu 300 Milliarden US-Dollar für Investments in Rohstoffe bereithalten. Die Fonds sollen in jüngster Zeit stärker in den Handel eingegriffen haben. An der Situation auf dem Ölmärkten werde die Transparenz-Offensive freilich kaum etwas ändern, hieß es.

Neben dem Ölpreis machen eine mögliche deutliche Abschwächung der US-Konjunktur und das hohe Handelsbilanzdefizit Sorgen. Die Regierung habe sich zwar zum Ziel gesetzt, das Haushaltsdefizit zu halbieren. Doch offenbar zweifelt der IWF an der Umsetzung. Es gehe um „mittelfristig glaubwürdige Haushaltskonsolidierung“, erklärten deutsche Regierungskreise.

Auch die noch immer starke Staatsverschuldung der Schwellenländer drückt die Erwartungen des IWF. Deshalb wird auf der Herbsttagung voraussichtlich auch eine Fortsetzung der HIPC-Initiative zur Entschuldung der ärmsten Entwicklungsländer beschlossen.

Auch die weitergehende Initiative, die Großbritannien am Wochenende zur Entschuldung gestartet hat, werde „zu diskutieren geben“, hieß es im Finanzministerium. Dort herrscht aber anders als bei Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) deutliche Zurückhaltung. Die internationalen Finanzorganisationen müssten weiterhin in der Lage sein, zinsgünstige Kredite zu geben, lautet die Begründung.

Die im Jahr 2000 festgelegten UN-Entwicklungsziele können laut einer neuen UN-Studie in Afrika ohne einen völligen Schuldenerlass nicht erreicht werden. Die Unctad, die die Studie herausgibt, plädiert für ein Schulden-Moratorium.

Konkret erwartet der IWF für das kommende Jahr ein weltweites Wirtschaftswachstum in Höhe von 4,3 Prozent nach 5,0 im laufenden Jahr. Im Vergleich zum Frühjahr hat der IWF damit seine Erwartung für das laufende Jahr angehoben, für das kommende aber gesenkt.

STEPHAN KOSCH