: Dramen aus dem Minibus
Napo Masheane aus Johannesburg gewöhnt Bremen an Spoken-Words-Dichtung – und erklärt, wie die junge Kunst Südafrikas ihre Traditionen neu erfindet
Jung, 26 Jahre. Klein, zierlich, spritzige Agilität. Auf ihrer Handtasche prangen die Lettern: V. P. W.: „Very Pretty Woman!“ Überbordender Humor gebrochen von plötzlicher stiller Nachdenklichkeit. Perlend weiße Zähne im lachenden Mund. Hautfarbe: schwarz. Geburtsort: Soweto. Muttersprache: Sesotho.
Napo Masheane trinkt warmen Cappucino im kalten Deutschland. So trickst man den Nordwind aus. Das italienische Gebräu schlürfend philosophiert die junge Frau ausgelassen über die soziokulturelle Bedeutung eines südafrikanischen Minibusses.
Ein Verkehrsmittel, das Distanzen überbrückt – nicht nur im geografischen Sinne. In diesem Gefährt spielten sich die verrücktesten Geschichten zwischen den Passagieren ab. „Ein guter szenischer Stoff.“ Die Allroundin aus Johannesburg schreibt derzeit– gemeinsam mit der Berliner Journalistin Jana Simon – an einem Stück für das Junge Theater Bremen und das Mothertongue Project in Kapstadt. Arbeitstitel: „Minibus“.
Napo Masheane gehört zur jungen Generation südafrikanischer Künstler. Sie deckt ein breites Spektrum ab: als Poetin, Bühnen- und Filmschauspielerin, Stückeschreiberin, Regisseurin, „spoken word artistin“. Und als „drama teacher“ nicht nur in Johannesburg und Kapstadt, sondern auch in Los Angeles und New York.
Musik, Literatur und Theater nach dem Fall der Apartheid – das bedeute die Suche nach einer neuen Identität der Südafrikaner, nach einem jahrzehntelang unterdrückten Selbstverständnis: das Mitgestalten und Formen einer neuen Gesellschaft. „Wir gehen zurück zu unseren Wurzeln, und erfinden dabei unsere Kultur neu.“ Napo Masheanes Themen sind allumfassend: Sie reichen von Politik über Liebe bis Aids.
Sprache ist dabei der Geschichtenerzählerin wichtigstes Mittel. Sie beherrscht sieben der elf Landesdialekte und mixt sie willkürlich zu einer eigenwilligen Poesie. In Bremen gibt sie gleich zwei Kostproben davon.
Denn mit Sicherheit wird Masheane heute Abend im Brauhauskeller nicht bloß über elektronische Tanzmusik aus Südafrika referieren: Schließlich ist die Veranstaltung im Rahmen des 4. Bremer Symposions der Heinrich Böll Stiftung als „Podiumsdiskussion und Party“ angekündigt. Am kommenden Samstag, 25. Oktober, tritt sie dann in der Schwankhalle auf.
„Poets In The House“ nennt sich die lange Dichternacht. Neben Masheane sind auch Feridun Zaimoglu und Stan Lafleur zu erleben – im Rahmen des „Theater für alle“-Festivals.
Wie ihre bisherigen Auftritte in Deutschland angenommen wordenseien? Napo Masheane lacht lauthals: „Vor ein paar Tagen war ich in Berlin zu einer –wie sagt ihr hier? – Lesung. Die Leute haben zuerst komisch geguckt, weil ich aus dem Gedächtnis sprach und nicht aus einem Buch las.“ Wir müssten uns wohl erst an „spoken word artists“ gewöhnen, so wie sie sich an das frostige deutsche Klima. Na, zum Glück gibt‘s ja Cappucino.
Daniela Barth
Heute, Donnerstag 23. Oktober, 20.30 Uhr, Brauhauskeller: Kennen Sie Kwaito? – Podiumsdiskussion und Party, mit Napo Masheane und dem Musikjournalisten Jay Rutledge vom Bayrischen Rundfunk. Samstag, 25. Oktober, 21.30, Schwankhalle: Poets In The House – Lange Dichternacht mit Napo Masheane, Stan Lafleur und Feridun Zaimoglu