Uli lässt die Panzer fahren

Der Bremer Grafikdesigner Uli Chomen hat die wahren Seiten der Bundeswehr ins Netz gestellt – und auch so genannt

Von Benno Schirrmeister

Es wird keinen Ärger geben. Der Bremer Grafikdesigner Uli Chomen wird seine Homepage www.diebundeswehr.de nicht abschalten müssen, auch nach diesem Artikel nicht. „Wir haben doch auch Humor“, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. „Gegen Satire gehen wir nicht vor.“ Denken Militärs anders, als man denkt?

„Das Heer!“, ruft der online-Feldwebel Herschel mit Emphase aus, und nennt’s „das Herz der Bundeswehr“. Dann zählt er die Vorzüge der Truppe auf: „Gruppenerfahrung, frische Luft, verdammt viel Spaß“. Wer da mitmachen will, müsse allerdings hohe Anforderungen erfüllen, „z. B. logisches Denken“. Das animierte Froschmaul erklärt den Probanden den Test: Per Mouse sind sechs kampfbereite Soldaten-Figürchen in entsprechende Schattenrisse zu ziehen. Geschafft! Schon setzt sich die Truppe munter ballernd in Bewegung, der Wald brennt, bang! die Nachhut bleibt auf der Strecke und plopp! springt ein Anmeldeformular auf, verziert mit Panzern. Auf die Frage nach dem Alter bietet es neben den Ankreuz-Optionen „unter 18 J.“ und „über 18 J.“ noch ein schlichtes Fragezeichen. Und der Möchtegernrekrut darf wählen, ob er daheim, bei Mama oder beim Papa abgeholt werden kann.

Einige haben das ernst genommen. Und sich schriftlich für die Offizierslaufbahn beworben – bei Uli Chomen. Manche Militärs denken eben wirklich anders, als man denkt. „Ich habe denen immer brav geantwortet, dass die Seite ein Fake ist“, sagt der Grafiker. Er habe die Seite ja gar nicht gemacht, um die Bundeswehr zu veralbern. Ach so? „Das war meine Diplomarbeit.“

Ein ungewöhnliches Thema. Allerdings: Es hat biografische Bezüge. Vor allem die Panzer, die über den Bildschirm kurven. Als Kind hatte Uli nämlich Kontakt mit Militärs. Intensive sogar: Direkt neben der Kaserne aufgewachsen, der Vater das, was man landläufig einen Spieß nennt. Mein Gott, und der Bruder ist zu den Einzelkämpfern gegangen.

Er selbst aber hat Zivildienst gemacht, 18 ganze Monate, was den Vater damals gewundert habe. Und später irgendwann angefangen, in Bremen Grafikdesign zu studieren. Aber auch dabei immer wieder gerne Panzer gezeichnet. Ausdruck eines Traumas? „Nö“, sagt er. „Einfach so.“ Irgendwie hätten die Panzer halt immer gepasst, mal als kontrastierende Illustration eines Kinderbuchs. Oder jetzt, als Selbstzweck, für die Abschlussarbeit. Sehr gut, befanden die Professoren. Denn bis ins Detail, das ist das Kennzeichen von gutem Design, stimmen hier Form und Inhalt überein. Das gilt auch für den Namen. „Sich den zu sichern“, erzählt Chomen, „ging ganz leicht. Der war frei.“

Keine Ausnahme: Noch nicht angemeldet sind laut zentraler Registrierungsstelle etliche Adressen mit internen Bindestrichen wie www.die-deutsche-bundeswehr oder schlicht bundes-wehr; private Betreiber haben sich Kombis à la bundeswehronline gesichert: Meist sind es Wehrdienstleister.

Dass es keine konsequente Verteidigungslinie gegen das so genannte Domaingrabbing gibt, bestätigt der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Weder seien Adressen planmäßig eingekauft worden noch kontrolliere man das Netz auf eventuellen Missbrauch.

Vor drei Jahren hatte es zwar ein Zivilverfahren gegeben: Ein Kriegsdienstverweigerer aus Lehrte unterlag im Rechtsstreit vor dem Landgericht Hannover, weil er seine antimilitaristische Homepage www.verteidigungsministerium.de genannt hatte. Aber auch damals habe man „auf konkrete Hinweise“ reagiert. Und der Sprecher betet noch einmal die Gründe für die Klage her: „Die Inhalte der Seite“ – das sei aber keine Satire gewesen, die sei zu dulden. Man habe ja, wie gesagt, auch Humor – „liefen unseren Interessen zuwider.“ Außerdem, führt er weiter aus, und da packt einen doch eine unerfindliche Sorge um den Bremer Grafiker, „bestand konkrete Verwechslungsgefahr.“