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Archiv-Artikel

Werder darf in der Ersten Liga bleiben

Anwohner und Nutzer der Pauliner Marsch diskutieren in basisdemokratischer Manier um die Zukunft des Areals auf dem Peterswerder. Jetzt stellten die kleineren Vereine ihre Anliegen vor – und die haben es neben den Profikickern von Werder Bremen manchmal schwer

Die kleinen Vereine wollen‘s wissen: „Wem gehört was und wer muss für was zahlen?“

Bremen taz ■ Wenn mensch seine Meinung kundtut und dabei das Wörtchen „aber“ fällt, ist Zoff programmiert. „Werder-Fans sind wir alle, aber ...“, so begann Hanns-Gerd Fischer vom Tennisverein Rot-Weiß seine Ausführungen. Fischer war von den Mitgliedern der zehn kleineren Vereine, die neben Werder das Areal rund ums Weserstadion nutzen, zum Sprecher gewählt worden.

Über 50 Vereinsmitglieder und Anwohner der Straßen rund um die Pauliner Marsch hatten am Montagabend den Weg ins Stadion gefunden. Die Profikicker waren zunächst nur durch Marketing-Geschäftsführer Manfred Müller vertreten – zum Ärger der kleinen Vereine. Doch als später Werder-Präsident Klaus-Dieter Fischer auftauchte, glätteten sich die Wogen.

Auf dem Peterswerder hat die Stunde der Basisdemokratie geschlagen. Im Koalitionsvertrag hatten SPD und CDU beschlossen, die ständigen Streitereien um die Nutzung der Pauliner Marsch zu schlichten. Hauptkonfliktpunkt: Wie kriegt man den Spagat zwischen Landschaftsschutz und Naherholung auf der einen Seite und der Austragung internationaler Wettkämpfe auf der anderen Seite gut hin? Dafür engagierte Bausenator Jens Eckhoff (CDU) den Hamburger Politikprofessor Wolfgang Gessenharter als Moderator. Der hatte sich zuvor bei der Lösung des Konflikts um die Hafenstraße einen Namen gemacht.

Zu Beginn hatten der Professor und sein Team in 32 Interviews mit Nutzern und Anwohnern der Marsch die Konfliktthemen erfasst und in sieben so genannte Fokusgruppen gegliedert. Beim dritten Fokusgruppen-Treffen am Mittwoch stand jetzt die Situation der Vereine auf dem Programm. Ziel der Moderation soll Mitte März ein bindender Kontrakt sein, mit dem alle Betroffenen leben können. Die Chancen auf eine Einigung stehen gut. Die Diskussion am Mittwoch verlief sachlich. Vorschläge, wie Werder Bremen in die dritte Liga zu verbannen, gab es nicht mehr. Beim ersten Fokusgruppen-Treffen hatten böse Zungen das noch gefordert.

Momentan sei das Miteinander in der Pauliner Marsch unkoordiniert, da waren sich alle Vereinsvertreter einig. Fischer: „Es muss geklärt werden, wem was gehört, wer welche Rechte hat und wer wofür zahlt.“ Vorgeschlagen wurde die Gründung eines Trägervereins, der sich um die Pflege des gesamten Areals kümmern soll. In die gleiche Richtung geht auch der Vorschlag von Anwohner Fritjof Päs, der sich die Pauliner Marsch der Zukunft als einen Ort für Jugend- und Sozialarbeit vorstellt. Er schlägt die Gründung eines Dachverbandes vor, in dem alle Vereine vertreten sind. „Jugendliche können dann für einen geringen Mitgliedsbeitrag verschiedene Sportarten ausprobieren“, so Päs.

Ein weiteres Problem für die Hobbysportler: Es entstehe eine Zweiklassengesellschaft. Grundsätzlich sind zwar alle Sportanlagen öffentlich, doch die Vereine, die Pachtverträge haben, sind auf dem Rasen unter sich. Die übrigen, so der Sprecher des Sportvereins Union 60, müssten für die Pflege der von vereinslosen Bolzfreunden ramponierten Plätze selbst aufkommen.

Einige Anwohner beklagten sich über Lärmbelästigung, zugeparkte Straßen und unkontrolliert um sich pinkelnde Werder-Fans. In kleinen Arbeitsgruppen überlegten sich die Teilnehmer schließlich Lösungen für die diskutierten Probleme. Die sollen beim nächsten Treffen am 3. November vorgestellt werden.

Für das erste neue Projekt in der Marsch gab es bereits Zustimmung von allen Seiten. Seit kurzem grasen auf dem Gelände des Jürgenshofs wieder Pferde. Der Verein Sportgarten will dort jetzt einen Unterstand bauen. Senator Eckhoff spendierte eine FÖJ-Stelle. Ebbe Volquardsen