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Archiv-Artikel

SCHWEDEN STEIGT ERST MAL NUR EIN BISSCHEN AUS DER ATOMKRAFT AUS Wenig Grund zum Feiern

Die dänische Anti-AKW-Bewegung jedenfalls dürfte zufrieden sein. Endlich ist es weg. Barsebäck. Die beiden Atomreaktoren, die die SchwedInnen ihnen vor drei Jahrzehnten in Sichtweite von Kopenhagen direkt vor die Nase gesetzt hatten, werden bald nur noch strahlende Ruinen sein.

Wenn auch Schwedens AtomkraftgegnerInnen über den Beschluss, Barsebäck 2 nun stillzulegen, nicht traurig sein dürften – viel Grund zum Feiern haben sie kaum. Denn mit dem Zugeständnis Barsebäck will sich die Regierung offensichtlich eine Verschiebung des endgültigen Ausstiegs aus der Atomkraft erkaufen. Stockholm hat jahrzehntelang eine Energiepolitik betrieben, die jetzt den Griff zu vorwiegend unpopulären Maßnahmen nötig machen würde, um dem Volksabstimmungsvotum tatsächlich in schnellerem Tempo nachkommen zu können. Mit rekordbilligem Wasserkraft- und Atomstrom haben die SchwedInnen sich von der Stromindustrie zu einer bequemen Verschwendungsmentalität verleiten lassen und verbrauchen mittlerweile pro Kopf dreimal so viel Elektrizität wie in Resteuropa. Stromsparen oder alternative Kraftproduktion mit höherem Strompreisniveau sind zwei mögliche Auswege aus dieser Sackgasse. Doch bei beiden befürchten die PolitikerInnen offenbar eine Bestrafung seitens der WählerInnen.

Fraglich, ob zu Recht. Die deutsche Eon verspricht über ihre Tochter Sydkraft derzeit den SchwedInnen „Wasserkraft für alle!“. Man lockt mit dem Versprechen, dass seit dem 1. Oktober nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen aus der Steckdose fließt. Zwischen 25 und 54 Prozent an acht der elf schwedischen Atomreaktoren beteiligt, sieht man sich gezwungen, den Strahlestrom trickreich vor seinen PrivatkundInnen zu verstecken – und nach der smarten Logik der PR-Abteilung nur noch an die Industrie zu liefern. Untersuchungen hatten nämlich ergeben, dass die SchwedInnen am liebsten Wasserkraftstrom, in zweiter Linie solchen aus Windkraftproduktion hätten. Vielleicht ist das Volk also viel vernünftiger, als seine VertreterInnen ihm dies zutrauen. REINHARD WOLFF