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Archiv-Artikel

Saudische Schule vor der Schließung

Trotz der Entlassung eines Islamlehrers wollen Politiker die umstrittene Fahd-Akademie in Bonn dichtmachen

KÖLN taz ■ Die Bonner König-Fahd-Akademie ließ sich Zeit. Bis gestern 12 Uhr sollte die umstrittene Schule eine ihrer Lehrkräfte suspendiert haben. Dieses Ultimatum hatte die Kölner Bezirksregierung gesetzt. Doch die Akademie zierte sich, wartete auf ein Zeichen aus Saudi-Arabien. Erst in letzter Minute lenkte sie ein. „Kurz vor Ablauf der endgültigen Fristsetzung ist die Leitung der König-Fahd-Akademie der Forderung des Regierungspräsidenten, personelle Konsequenzen gegenüber dem Lehrer zu ziehen, der während des Freitagsgebetes zum heiligen Krieg aufgerufen haben soll, gefolgt“, teilte die Bezirksregierung mit. Die weiteren Ermittlungen seien dadurch aber nicht gestoppt. Sein Ziel sei es weiterhin, „die Schule zu schließen“, sagte Regierungspräsident Jürgen Roters (SPD).

Damit droht einer Einrichtung das Aus, die erst vor acht Jahren unter prominenten Augen eröffnet wurde. Der damalige Außenminister Klaus Kinkel (FDP) und der seinerzeitige NRW-Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) waren gekommen. Mit Abdulasis Bin Fahd Bin Abdulasis reiste sogar ein leibhaftiger saudi-arabischer Prinz an, um bei der Eröffnung der nach seinem Vater benannten Schule dabei zu sein. „Das ist ein Zentrum der religiösen Anleitung und Wegweisung, das an der Verbreitung des gerechten Glaubens arbeitet“, verkündete er – und keiner fragte nach, was das konkret zu bedeuten hat. Im Gegenteil: Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) schwärmte 1995 sogar, das Projekt biete „die einmalige Voraussetzung für einen vorbildlichen deutsch-arabischen und christlich-islamischen Dialog, der das friedliche Zusammenleben fördert“.

Die Schule, in der gegenwärtig 465 Kinder unterrichtet werden, mag vieles gefördert haben, das friedliche Zusammenleben jedoch offenbar nicht. Ursprünglich als Schule für saudische Diplomatenkinder gegründet, soll sie inzwischen zu einem Anziehungspunkt auch für militante Islamisten geworden sein.

Die Fahd-Akademie – eine von mehreren solcher Akademien weltweit – bietet etwas in der Bundesrepublik Einzigartiges an: einen saudischen Schulplan. Sie dient der Verbreitung der strengen wahhabitischen Lehre Saudi-Arabiens. So, wie es die saudisch finanzierten Koranschulen in Pakistan tun, aus denen die „Taliban“ hervorgingen.

Die von Saudi-Arabien finanzierte Akademie ist als so genannte Ergänzungsschule staatlich anerkannt. Solche Ergänzungsschulen aber dürfen nur Kinder unterrichten, die sich lediglich vorübergehend in der Bundesrepublik aufhalten. Diese Auflage nahmen die Behörden aber jahrelang offenbar nicht so genau. Denn immerhin befinden sich unter den Schülern 195 mit deutscher Staatsangehörigkeit. Inzwischen mehren sich die Gerüchte, die saudische Regierung könnte von sich aus die Bonner Schule schließen und stattdessen deren Berliner Ableger ausbauen. PASCAL BEUCKER