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Archiv-Artikel

Stoibers Bedingung

CSU-Chef droht Merkel: Bei einer Kopfpauschale von 180 Euro für alle Bürger „kommen wir nicht zusammen“

Von AGX

BERLIN AP/dpa/taz ■ Im Streit um die Gesundheitsreform hat sich CSU-Chef Edmund Stoiber erneut gegen die von der Schwesterpartei CDU geforderte Kopfpauschale gestellt. „Wir werden am Ende nicht zu einem gemeinsamen Modell kommen können“, drohte der bayerische Ministerpräsident in der Bild der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel, wenn die Pauschale 180 Euro für alle Beitragszahler betrage. Stoiber beharrte auf seiner Forderung, den Versicherungsbeitrag wie bisher an die Höhe des Einkommens zu koppeln.

„Geringere Einkommen, geringere Beiträge – höhere Einkommen, höhere Beiträge“ – wenn CDU und CSU als Volksparteien diesen Grundsatz nicht mehr glaubwürdig vermitteln könnten, werde es schwierig für die Union, bekräftigte Stoiber. Außerdem müsse die Gesundheitsprämie deutlich niedriger sein als die im CDU-Modell vorgesehenen 180 Euro pro Person und Monat, verlangte der CSU-Chef. Das Ziel von Angela Merkel, eine Einigung vor den Parteitagen von CSU und CDU im November und Dezember zu erreichen, kommentierte Stoiber mit dem lapidaren Satz: „Der Zeitplan orientiert sich an der Sache, nicht umgekehrt.“

Prominente Unionspolitiker glauben offenbar schon nicht mehr, dass den Schwesterparteien die ersehnte Einigung im Gesundheitsstreit überhaupt noch gelingt. „Die Konzepte von CDU und CSU zur Reform der sozialen Sicherungssysteme sind unvereinbar“, sagte der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der Union, Peter Rauen (CDU). Er plädierte deshalb dafür, dass beide Parteien bei der Gesundheitsreform getrennte Wege gehen sollten. Dies sei besser als ein „fauler Kompromiss“. Er bezeichnete es als „unerträglich“, wie sich der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer „offenbar mit Duldung von Ministerpräsident Edmund Stoiber seit fast einem Jahr als Kronzeuge gegen die zukunftsweisenden Beschlüsse des CDU-Parteitages aufführt“.

Seehofer hatte laut ZDF in einem Arbeitspapier ein vernichtendes Urteil über das CDU-Modell zur Kopfpauschale gefällt. Sein Fazit: „Die Einheitsprämie ist einmalig ungerecht. Es gab in der Nachkriegsgeschichte noch nie ein Programm mit einer derart drastischen Umverteilung von unten nach oben.“

Wie der öffentliche Dauer-Machtkampf bei der Basis ankommt, darf CDU-Chefin Merkel in den nächsten Wochen regelmäßig in der Praxis erkunden: Die Parteivorsitzende tritt heute im westfälischen Hamm bei der ersten von sieben CDU-Regionalkonferenzen auf. AGX

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