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Archiv-Artikel

Glück gehabt: Unabhängige Jury für 2010

Die Entscheidung über die Bremer „Kulturhauptstadt“-Ambitionen soll von kompetenten Köpfen getroffen werden. Zum Beispiel von György Konrád

Bremen taz ■ Drei Monate nach Abgabe per Kogge hat Bremens Bewerbung als „Kulturhauptstadt Europas“ 2010 einen neuen Schub erhalten: Die Kultusministerkonferenz der Länder hat sich jetzt dazu durchgerungen, für die Auswahl unter den kandidierenden Städten eine Fachjury einzusetzen. Damit erledigen sich die lange gehegten Befürchtungen, die Entscheidung würde innerhalb der undurchsichtigen Proporz- und Lobbymechanismen des Bundesrates fallen.

Bei diversen journalistischen Rankings wie dem „Kultur-TÜV“ des Fernsehsenders 3sat landete Bremen bereits auf den vorderen Plätzen. Nun spricht die Liste der vorgesehenen JurorInnen für eine fachlich motivierte und unabhängige Entscheidung: An erster Stelle sollen der frühere Dissident György Konrád oder Peter Esterházy, Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, stehen. Hintergrund ist, dass 2010 auch Ungarn eine „Kulturhauptstadt“ stellen wird.

Zum siebenköpfigen Gremium gehören mit Adolf Muschg auch Konráds Nachfolger als Präsident der Berliner Akademie der Künste sowie weitere Persönlichkeiten, die qua Alter und Vita als politikentrückt gelten können. Mitte Februar 2005 soll deren Entscheidung für zwei bis vier der insgesamt zehn Kandidaten vorliegen. Diese werden dann vom Bundesrat – vermutlich komplett – nach Brüssel weiter geleitet, wo Anfang 2006 eine europäisch besetzte Jury die Endauswahl trifft.

Bis dahin soll in Bremen schon einiges geschehen sein: Das so genannte „Weltspiel“ will Ideen wie die des „Bremer Immigrantenorchester“ befördern, die Tanzschaffenden haben sich bereits zur „Initiative Tanzstadt“ zusammen gefunden und die Shakespeare Company realisiert im Güterbahnhof – zusammen mit Peter Greenaway – das „Children of Urania“-Projekt.

Mittlerweile ist auch die lange umstrittene Besetzung des Vergabeausschusses für die begehrten 9,5 Millionen Euro aus dem Hauptstadtfonds geklärt: Er wurde paritätisch mit VertreterInnen des Kulturhauptstadtbüros und der Kulturdeputation besetzt. Dem vorsitzenden Kultursenator Peter Gloystein ist Finanzstaatsrat Henning Lühr an die Seite gestellt. Dem Vernehmen nach muss dieses verdreifachte Triumvirat bei seinen Ende Oktober beginnenden Sitzungen über mehr als 150 Projektanträge befinden. H. Bleyl