Sadr City soll entwaffnet werden

Der radikale irakische Schiitenführer hat zugestimmt, dass seine Mahdi-Armee in dem Bagdader Armenviertel ihre Waffen abgibt. Das wäre ein bedeutender Schritt für die Vorbereitung der für Januar geplanten Wahlen

KAIRO taz ■ Klappt die Vereinbarung tatsächlich, wäre es ein erster Erfolg für Iraks Übergangsregierung. Milizionäre der Mahdi-Armee sollen ab heute im Armenviertel Sadr City in Bagdad damit beginnen, ihre schweren und mittleren Waffen abzugeben. Dass zumindest haben der radikale Schiitenführer Muktada al-Sadr und die irakische Regierung unter Ministerpräsident Ajad Allawi nach mehrwöchigen indirekten Verhandlungen am Donnerstag vereinbart.

Danach sollen die Kämpfer der Mahdi-Armee innerhalb von fünf Tagen in den örtlichen Polizeistationen ihre Waffen abgeben. Im Gegenzug versprechen die Amerikaner, mit ihren wiederholten Bombardements und Razzien in dem über 1,5 Millionen Einwohner zählenden Viertel im Norden der irakischen Hauptstadt aufzuhören. Die irakische Regierung stellte zusätzlich Mittel in Aussicht, um die desolate Infrastruktur in Sadr City zu verbessern, wo Müllberge und Abwasserseen zum Straßenbild gehören und über die Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung arbeitslos ist. Viele der Einwohner hatten nach dem Krieg Teile ihrer ärmlichen Haushalte verkauft, um dafür Waffen zu erstehen. Nun sollen sie für jede zurückgegebenen Waffe Bargeld erhalten. Auch für die während der Bombenangriffe zerstörten Häuser soll Schadenersatz gezahlt werden.

„Wer dieses Abkommen bricht, wird von uns als Gesetzloser und Abtrünniger von seiner Religion betrachtet“, kündigte Karim Bachati, Chefunterhändler Sadrs, an. Staatsminister Qassim Daoud erklärte, dass die Polizei nach Ablauf der Abgabefrist mit mehreren Durchsuchungsaktionen versuchen wird, die Erfüllung des Deals zu verifizieren.

Das Abkommen beinhaltet allerdings nicht die von den Amerikanern geforderte vollkommene Auflösung der Mahdi-Armee, die auch weiterhin ihre leichten Waffen behalten darf. Für die irakische Regierung wäre das Ganze dennoch ein riesiger Schritt nach vorne, um das Land auf Wahlen vorzubereiten, die im Januar stattfinden sollen. Nach jetzigem Stand befinden sich große Teile des Landes, einschließlich Sadr City, außerhalb der Kontrolle der Regierung.

„Dieser neue Deal wird sich auch über Sadr City hinaus auswirken“, hofft Generalleutnant James Hutton von der US-Armee. „Zumindest auch für die schiitischen Anhänger Sadrs außerhalb Bagdads“, erwartet der US-Offizier.

Wird das Abkommen tatsächlich erfüllt, wird die irakische Regierung wahrscheinlich weiter versuchen, den aufsässigen Sadr mehr in das politische System einzubinden. Sadrs Mahdi-Armee könnte sich von einer Miliz in eine politische Partei verwandeln, hofft sie. Allerdings bleibt unklar, wie Sadr seine eigenen Anhänger bei der Stange hält, sollte er seine radikale Position tatsächlich aufgeben.

Neben der schiitischen versucht Ministerpräsident Allawi auch die sunnitische Front zu befrieden und ein ähnliches Abkommen wie für Sadr City auch für die aufständische sunnitische Kleinstadt Falludscha zu erreichen. Mitglieder des dort herrschenden Mudschaheddin-Rates haben zumindest bereits Interesse bekundet, an den Wahlen teilzunehmen. Eine Delegation aus Falludscha diskutiert derzeit mit der Regierung in Bagdad über die Möglichkeit, dass die irakische Nationalgarde wieder in die Stadt einzieht.

KARIM EL-GAWHARY