: „Es ist schizophren“
Emine Demirbüken-Wegner, türkischstämmige CDU-Politikerin, über Unterschriften gegen einen EU-Beitritt
taz: Was haben sich Herr Glos und Frau Merkel dabei gedacht, eine Unterschriftenaktion gegen den EU-Beitritt der Türkei ins Spiel zu bringen?
Emine Demirbüken-Wegner: Ich weiß absolut nicht, welcher Gedanke hinter dieser Aktion steckt. Es ist eigentlich schizophren. Wir diskutieren innerhalb der Parteien seit Jahren, wie wir Zuwanderer als Wählerpotenzial gewinnen können und welche Integrationsmaßnahmen wir in Deutschland umsetzen können. Wenn man diesen Schritten die Unterschriftenaktion gegenüberstellt, kann man eigentlich nur den Kopf schütteln. Die Union wird mit diesem Schritt nicht punkten.
1999 setzte die Union auf eine Unterschriftenaktion gegen das Zuwanderungsgesetz. Was ist heute anders?
Dieses Mal ist die Qualität eine ganz andere. Damals waren nur die Türken in Deutschland betroffen. Dieses Mal ist eine ganze Nation betroffen: die Türkei als Staat, die Türken in der Türkei und die Türken in Deutschland. Und wir als Partei stehen absolut nicht ausländerfreundlich da.
Was werfen Sie Ihrer Partei vor?
Wenn man Stimmen am rechten Rand – was auch immer das heißen mag – gewinnen möchte, dann nicht mit Angst und Panikmache, sondern mit Inhalten und einer sachlichen Auseinandersetzung. Und damit, dass man jetzt eine Unterschriftenaktion fordert, gießt man Öl ins Feuer rechter Ressentiments. Die ganze Aktion ist einfach nur schädlich.
Und was können Sie dagegen unternehmen?
Es gibt glücklicherweise in meiner Partei neben mir eine ganze Reihe anderer Leute, die sich gegen eine priveligierte Partnerschaft der Türkei und allem, was dazugehört, einsetzen. Es gibt Foren und Kommissionen, die wir gegründet haben, wo wir immer wieder den Finger auf den wunden Punkt legen müssen. Insbesondere müssen wir darauf hinweisen, dass man mit den Emotionen der Leute nach der Empfehlung der EU-Kommission für eine Aufnahme der Türkei in die EU nicht spielen darf. Wir müssen von dieser Diskussion endlich Abstand nehmen. INTERVIEW: KARIN LOSERT