SSK verraten und verkauft

Eins der beiden Häuser der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK) am Salierring ist verkauft – an einen Kölner Rechtsanwalt. Dabei hatten die Mieter seit Monaten selbst über den Hauskauf verhandelt

VON DIRK ECKERT
und SUSANNE GANNOTT

Der Sozialistischen Selbsthilfe Köln (SSK) am Salierring droht die Teilräumung. Für die SSK völlig überraschend hat Eigentümer Heiner Jachertz eines der beiden SSK-Häuser, die Nummer 41, verkauft – allerdings nicht an die SSK, die mit Jachertz in Verkaufsverhandlungen stand, sondern an den Kölner Rechtsanwalt Stefan Gebauer. Die SSK nutzt das Haus nicht nur als Wohnraum, dort ist auch das Möbellager untergebracht. Durch den Verkauf von Second-Hand-Möbeln, Transporten und Umzügen verdienen die SSKler ihren Lebensunterhalt.

„Noch letzten Freitag haben wir Herrn Jachertz ein verbessertes Angebot unterbreitet“, berichtet Heinrich Comes, der Anwalt der SSK. Er habe nach den monatelangen Kaufverhandlungen eigentlich den Eindruck gehabt, dass die jeweiligen Vorstellungen inzwischen „ganz nah beieinander“ waren. „Die SSKler fühlen sich jetzt natürlich an der Nase herumgeführt“, so Comes.

In der Tat reagierten die SSKler wütend. Bei einer Protestdemo vor dem Büro von HausGrund in der Aachenerstraße, die die beiden Häuser für Jachertz verwaltet, kündigten sie „massiven Widerstand“ gegen den drohenden Rausschmiss an: „Das werden wir uns nicht bieten lassen. Das wird ein verdammt heißer Herbst.“

Jachertz war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die SSK kann sich den für sie plötzlichen Verkauf an Gebauer vor allem deshalb nicht erklären, weil sie sich – wenn auch widerwillig – auf die Bedingungen von Jachertz eingelassen hatte: So war sie bereit, mit dem Hauskauf einen neuen Mietvertrag für das Haus Salierring 37 zu akzeptieren. Für diese Haus, das ebenfalls Jachertz gehört, hat die SSK noch einen gültigen Mietvertrag. Außerdem akzeptierten die SSKler den von Jachertz verlangten Kaufpreis von 590.000 Euro – obwohl er ihnen zu hoch erschien, hätte doch Jachertz das Haus 1989 nur für umgerechnet 130.000 Euro erworben. Die 590.000 Euro hätten sie aufbringen können, da die SSK Kreditzusagen der alternativen GLS-Bank hatte, zudem verfügt der Verein „Helft dem SSK“ über eine Erbschaft von 300.000 Euro (taz berichtete).

Die SSK hat jetzt die Stadt um Hilfe gebeten. Tatsächlich machte der Leiter der Kölner Sozialamts, Stephan Santelmann, dem neuen Besitzer Stefan Gebauer nach dessen Aussage gestern bereits ein Angebot: Die Stadt Köln würde den Salierring 41 von Gebauer mieten und an die SSK untervermieten. Für fünf Jahre würde sich Gebauer auf ein solches Geschäft auch einlassen, erklärte er der taz. „Aber langfristig müssen sie da raus.“ Für ihn mache der Kauf des denkmalgeschützten Hauses als „Steuersparmodell“ nur Sinn, wenn er die Wohnungen sanieren und teurer vermieten könne.

Überhaupt beteuerte Gebauer, von der ganzen Hintergrundgeschichte um das Haus und die SSK gar „nichts gewusst“ zu haben. Aber er könne auch nicht sagen, ob dieses Wissen an seiner Kaufentscheidung etwas geändert hätte: „Der SSK interessiert mich weder im Positiven noch im Negativen. Ich will nur meine Häuser sanieren und vermieten.“ Vorbesitzer Jachertz habe ihm noch am Dienstag beim Notartermin versichert, die SSK habe das Räumungsurteil akzeptiert und sei bereit auszuziehen. Dass er sich jetzt „mit solchen Leuten“ herumschlagen muss, ärgere ihn schon – zumal er seit Dienstag Drohanrufe bekomme und Haus und Büro mit Graffiti beschmiert würden.

Die SSK forderte Gebauer am Mittwoch auf, von dem Hauskauf zurückzutreten. Das lehnte dieser allerdings ab. Es sei jetzt an der Stadt, mit der SSK eine Lösung zu finden, sagte er der taz.